Zugang zu Genen Ja; Monopolisierung nein

Ist das evolutionäre Erbe von Jahrmillionen kollektives Vermächtnis oder Ware?, fragt Jeremy Rifkin schon vor 5 Jahren. Er weist auf (s)einen Vorstoß für einen Vertrag zur Erklärung des globalen Genvorrats zum Gemeingut im Februar 2002 beim Weltsozialforum in Porto Alegre hin. Dort heißt es: „Der Genvorrat der Erde ist ein kollektives Vermächtnis und ein gemeinsames Gut.“
Weiß jemand, was aus der Initiative geworden ist?
Die unterzeichnenden Organisationen bekräftigten die Idee,… „dass Bevölkerungsgruppen und Länder die Verantwortung für den Umgang mit den genetischen Ressourcen auf ihrem Territorium tragen. Es besteht jedoch ein Unterschied zwischen dem Recht, als Treuhänder zu agieren, .., und dem illegitimen Akt, exklusive Monopolvereinbarungen mit kommerziellen Institutionen zu treffen, um aus dem genetischen Vermächtnis Gewinn zu ziehen.

Der Genpool existiert und ist unabhängig von allen politischen oder kommerziellen Institutionen.“ Er gehört nicht den Staaten, auch wenn die CBD das so sagt (um gegenüber dem Direktzugriff wenigstens noch ein bisschen was zu retten). Er gehört uns allen.

Ziel des Vertragsvorstoßes ist ein Verbot aller Patente auf pflanzliches, mikroorganisches, tierisches und menschliches Leben einschließlich der Patente auf Gene und die daraus kodierten Produkte in natürlicher, bearbeiteter oder synthetisierter Form (siehe Beitrag zur Synthetischen Biologie) sowie auf Chromosomen, Zellen, Gewebe, Organe und Organismen einschließlich geklonter, transgener und chimärer Organismen.

Die Unterzeichner der Initiative glauben, dass das genetische Erbe unveräußerlich ist. Und da haben sie recht. Kollektive Eigentumsrechte unterscheiden sich von individuellen u.a. dadurch, dass dem Veräußerungsrecht Schranken gesetzt sind. Um zu vermeiden, dass wir Sachen verscherbeln, die auch den anderen gehören.

Rifkin weist darauf hin, dass bisweilen Unternehmen und Nationen, darunter die USA die Frage: Wem gehört das „globale Gemeingut“, mithin der Genvorrat und dessen Produkte? dahingehend auslegen, Anspruch auf unbegrenzten Zugang zu der genetischen Diversität weltweit haben zu dürfen.
Für Freien Zugang zu Wissen wäre ich eigentlich auch nur, wenn ich mich darauf verlassen könnte, dass dieses Wissen dann nicht missbraucht wird.

Also eher: Zugang zum Genpool ja – gekoppelt an öffentliche Entscheidung, Offenlegen der Nutzungsinteressen, öffentliche Kontrolle. Aber Kommerzialisierung und Monopolisierung der genetischen Information (u.a. Umwandlung in Privateigentum durch sog. Geistige Eigentumsrechte) nein.

4 Gedanken zu „Zugang zu Genen Ja; Monopolisierung nein

  1. Man könnte das Problem lösen in dem man sowas wie eine copyleft-Lizenz für Gene einführt: Jeder darf sie nutzen solange alles was daraus entsteht wieder in die Commons geht. Dann scheiden sich die „Nutzungsinteressen“ ganz schnell von selbst.

    Statt dessen auf „öffentliche Kontrolle“ zu setzen kommt mir ein bisschen „old school“ vor 😉

  2. Ich denke die Idee den globalen Genpool als öffentliches Gut zu deklarieren ist keine Idee von Herrn Rifkin (auch keine reine NGO Forderung) sondern ein umgesetztes Prinzip unter der Schirmherrschaft der FAO. Seit 1994 wurde von der Staatengemeinschaft am sogenannten „International Undertaking for Plant Genetic Resources for Food and Agriculture“ gearbeitet, welches seit 2004 – durch die Ratifizierung einer Mindestanzahl von Staaten – als „International Treaty for Plant Genetic Resources for Food and Agriculture“ (ITPGR) in Kraft getreten ist.
    Nähere Infos über den Treaty, teilnehmende Länder usw. findet man unter: http://www.fao.org/AG/cgrfa/itpgr.htm

    Ein ähnliches Konzept für Nutztiere ist momentan in Ausarbeitung.

    Der ITPGR enthält auch einen Passus zur Nutzung der genetischen Resourcen für kommerzielle Zwecke, indem Firmen die damit einen Gewinn erwirtschaften, sich verpflichten einen gewissen Prozentsatz (1-2%) an den Treaty und damit ausgewählte Förderprojekte im Rahmen des Treaties zu entrichten.

  3. Lieber Benni,
    öffentlich ist nicht dasselbe wie staatlich. Aber vielleicht sollte ich besser schreiben; „gesellschaftliche Kontrolle“. Da versteht immernoch jeder was er will, aber es klingt zumindest weniger nach old-school-vater-staat. Wenn Du so liest was wir schreiben, sind wir ja weit davon entfernt, Vater Staat irgendwelche Vorschußloorbeeren zu gewähren.
    Copyleft für Gene? Bin ich mir nicht sicher. Es gibt Dinge, die sind auch als commons nicht gut. Das Wissen wie man Atombombem baut zum Beispiel oder freigesetztes Saatgut: Common definiert sich ja nicht nur auf der Ebene des Zugangs (nur diese Ebene adressierst Du). Natürlich, ist es weniger übel, wenn Bauern nicht zur Zahlung von horrenden LIzenzgebühren verknackt werden können, aber ich will auch „öffentlich zugängliches genmanipliertes Saatgut“ nicht in der Welt. Wie stellst Du Dir vor, dass dies durch „copyleft auf Gene“ auszuschliessen wäre?

  4. Naja, sicher bin ich mir eh nie. War nur mal ein Versuchsballon. Aber ich finde immer noch einer über den man Nachdenken sollte, denn Wissen zu verbieten ist immer eine sehr schwierige, wenn nicht gar unmögliche Sache. Schon ganz praktisch. Wenn es nur das Problem wäre zu wissen, wie man eine Atombombe baut, hätte schon jeder Warlord eine, zum Glück gibt es da noch stärkere Hürden.

    Ich möchte nur dringend davor warnen sich auf so eine Kontroll-Position zurückzuziehen. Das ist essentiell eine zumindestens ähnliche Position wie die der Musikindustrie zum Filesharen, also eine verlorene.

    Ein weiteres Problem mit einer demokratischen Wissenskontrolle (und das ist ja wohl gemeint, wenn von gesellschaftlicher oder öffentlicher Kontrolle die Rede ist, ich glaube da werden wir uns einig) entsteht ja schon alleine dadurch, dass man Wissen nur dann kontrollieren kann, wenn man es hat. Je demokratischer eine Kontrolle von Wissen also ist, umso mehr Leute müssten das zu kontrollierende Wissen haben. Je mehr Leute das zu kontrollierende Wissen haben umso weniger ist es zu kontrollieren. Das ist ein fundamental eingebauter Widerspruch eines Konzeptes demokratischer Wissenskontrolle.

    Dieses Beispiel zeigt vielleicht auch ganz gut, wieso es in den Umbrüchen in denen wir uns befinden nicht mit ein bisschen mehr Demokratie und ein paar Commons-Rechte hier und da aber im Großen und Ganzen so wie bisher weiter gehen kann. Wir brauchen einen Umbruch unserer gesamten Lebensweise der mindestens so groß ist wie der zu Beginn des 17. Jahrhunderts (und der ist kaum zu überschätzen in seiner Tragweite).

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