Grüne über Commons

Ab und an durchforste ich die Presse. Wer redet im öffentlichen politischen Raum wie über Gemeinschaftsgüter? Lohnt sich immer öfter.

Die politischen Stiftungen sind dabei, sich des Themas anzunehmen. Auch die Bundeszentrale für Politische Bildung hat gutes Material (speziell zu Wissensallmenden und Biodiversität) veröffentlicht. Besonders empfehlenswert finde ich …

Volker Grassmuck: Freie Software Zwischen Privat und Gemeineigentum.

Letzte Woche nun fand ich ein Interview des FREITAG mit Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich Böll Stiftung, über „Biopiraterie auf dem Weltmarkt, Gegensätze im Unternehmerlager und das transatlantische Verhältnis“. Veröffentlicht am 11.01.2008. Das interessiert mich natürlich besonders. Nicht nur weil Fücks gern als Vordenker der Grünen bezeichnet wird, sondern weil er viele Jahre lang mein Chef war.

Hier ein Zitat dessen, was in unserem Zusammenhang am relevantesten erscheint:

Fücks: „Die Politik entscheidet, was patentierbar, also in ökonomisches Eigentum verwandelbar ist und was nicht. Wir sagen, Biologie ist nicht patentierbar: weder das menschliche Geninventar noch der pflanzliche Reichtum, der durch Evolution oder bäuerliche Züchtung seit 10.000 Jahren entstanden ist. Patentierbar dürfen nur Neuerfindungen sein. Das ist eine politische Kampffront, in der Bündnisse mit Staaten des Südens möglich sind. Dieser Interessenkonflikt muss durch internationale Vereinbarungen entschieden werden.“

Freitag: Sie schreiben, man müsse sich „gegen den Kurzschluss von Big Science und Big Business“ verwahren.

Fücks: Es gibt heute die große Versuchung, Natur- und Technikwissenschaften über die Drittmittelfinanzierung zum direkten Dienstleister für Großindustrieinteressen zu machen. Deshalb ist es so wichtig, den öffentlichen Sektor in Wissenschaft und Forschung zu stärken, auch was den Zugang zu Wissen und Information angeht. Was mit Steuergeldern finanziert worden ist, muss zur Wissens-Allmende gehören, also zu dem Gemeingut, das für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich ist, und zwar weltweit….“

„Kluge Unternehmer wissen, dass die Privatwirtschaft an gesellschaftliche Voraussetzungen gebunden ist, die sie nicht selbst erzeugen kann. Das gilt für alle öffentlichen Güter, von der Rechtssicherheit über die Bildung bis zum Umweltschutz.

Fücks unterscheidet Gemeingüter/Allmende von öffentlichen Gütern. Den Beispielen kann man entnehmen, dass die Differenzierung ziemlich klar ist. Anders als bei anderen grünen Promis, die den Begriff der Gemeinschaftsgüter (oder Allmende oder Gemeingüter) auch immer häufiger im Mund führen.

Da lesen wir zum Beispiel bei Claudia Roth in einem im November 2007 in der Kölnischen Rundschau erschienenen Interview:

„Zunächst einmal geht es um mehr Gerechtigkeit. Die bedeutet auch Teilhabe an Gemeinschaftsgütern, zu denen alle Zugang haben müssen: Schulen, Bildung, Pflege, soziale Dienste, öffentlicher Verkehr.“

und gleichzeitig bei Reinhard Bütikofer auf dem ver.di Bundeskongress 2007

„Aber ganz zentral dafür, ob unser Sozialstaat zukunftsfähig ist, ist die Frage, ob wir in die öffentlichen Güter investieren, vor allem Bildung und Zugang zur Arbeit, auf die es entscheidend ankommt.“

Was ist nun Bildung: Gemeinschaftsgut oder Öffentliches Gut? Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen beiden? Wer hat Recht? Roth oder Bütikofer? Was meinen Sie?

Meine Meinung zum Thema notiere ich in einem nächsten post.

2 Gedanken zu „Grüne über Commons

  1. Hallo,

    jetzt kann ich die Seminarkenntnisse ja mal testen…
    Ich hatte das Interview auch gelesen, fand Fücks‘ Begriffe aber nicht ganz so klar. Während er oben also sagt

    „Was mit Steuergeldern finanziert worden ist, muss zur Wissens-Allmende gehören, also zu dem Gemeingut…“,

    heißt es nur eine Antwort weiter

    „Wir brauchen das Know-How und die Innovationskraft etwa der chemischen Industrie […] Aber wie müssen Regeln etablieren. Die entscheiden darüber, was ÖFFENTLICHES EIGENTUM bleibt und wo Grenzen PRIVATER Patente sind“.

    Da ist es wieder privat gegen Staat, oder? Trotzdem (oder erst techt) ein interessantes Interview.

    Finde überigens, das sowohl Roth als auch Bütikofer Recht haben 🙂 Er meint den Zugang zu GG Wissen (Bildung), Sie meint die öffentliche Güter Schule/ Uni.

    Viele Grüße
    Stephan Soll

  2. Ja, im Grunde wüsste ich auch gern, ob Fücks den Allmendbegriff v.a. im Kontext der Wissensallmende (genetische Ressourcen, Saatgut, jede Form codierten Lebens ) verortet (das tut er sicher); hingegen in der Diskussion um natürliche Ressourcen eher entlang der unterkomplexen Dichotomie öffentlich vs. privates Eigentum legt. Und damit die Debatte um Erfolgsbedingungen für andere (als staatliche) Formen gemeinschaftlichen Commonsmanagement, v.a. aber auch div. Formen des Gemeineigentums eher für gestrig hält. Das wäre meine Vermutung… aber dafür ist ein Interview zu kurz.

    Zu Bütikofer und Roth: ich finde, da geht alles durcheinander. Wenn Roth „öffentliche Güter“ meinen würde, würde sie wahrscheinlich „öffentliche Güter“ (die, die durch das Dreieck der Öffentlichkeit bestimmt sind) sagen.
    Schule ist eine Institution, eine „facility“ wie Ostrom sagen würde, eine öffentliche Einrichtung, die die Vermittlung von Inhalten mit dem Ergebnis „Bildung“ – als sozial-kulturelle Ressource (Common) ermöglicht. … aber dazu wollte ich mich gar nicht in einem Kommentar auslassen, sondern demnächst tatsächlich mal einen post schreiben. 🙂
    Beste Grüße
    Silke Helfrich

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