Ein wichtiger Pluspunkt für die Commonsdebatte ist ganz praktisch: Fast alle relevanten Dokumente sind leicht zugänglich. Wer über Commons nachdenkt, will das Ergebnis dieses Nachdenkens teilen. Viele Papiere finde ich in der Digital Library of the Commons. Andere – meist mit einer Creative Commons Lizenz ausgestattet – sonstwo im Netz. Wenn ich Texte für ein Seminar brauche, neue Forschungsergebnisse oder Publikationen suche, dann stehen die Chancen nicht schlecht. Zugriff ist möglich. Nicht immer, aber immer öfter. (siehe z.B. den Reiter Literatur auf diesem Blog)
Das war Nische. Jetzt folgen renommierte us-amerikanische Unis der Avantgarde. Und lösen damit vermutlich eine Lawine aus….
Harvard goes open access! Am 12. Februar veröffentlichen Peter Suber und David Baker von Open Access News ein Protokoll der FAS [Faculty of Arts and Sciences] der Harvard Universität. Darin (siehe Punkt 5 des Protokolls) wird Open Access zu wissenschaftlichen Publikationen der Universität als Norm vorgeschlagen. Die Uni kümmert sich um die Institutionalisierung des Verfahrens. Dem Einzelnen bleibt dennoch ein „opt-out“ Recht. Dh. er muss aktiv etwas tun, wenn er wie bislang „alle Rechte vorbehalten“ will.
Die Universitätsbibliothek der Harvard Uni ist schon lange mit der Digitalisierung gemeinfreier Werke ab 1638 beschäftigt. Die Entscheidung der FAS bedeutet nun, dass nicht nur diese, sondern auch jüngste Forschungsergebnisse online zur Verfügung stehen werden.
Suber beschreibt, warum das Thema vielen unter den Nägeln brennt:
We academics provide the content for scholarly journals. We evaluate articles as referees, we serve on editorial boards, we work as editors ourselves, yet the journals force us to buy back our work, in published form, at outrageous prices. Many journals now cost more than $20,000 for a year’s subscription.
Das ist für mehr und mehr WissenschaftlerInnen frustrierend. Und weiter:
„The spiraling cost of journals has inflicted severe damage on research libraries, creating a ripple effect: in order to purchase the journals, libraries have had to reduce their acquisitions of monographs; the reduced demand among libraries for monographs has forced university presses to cut back on the publication of them; and the near impossibility of publishing their dissertations has jeopardized the careers of a whole generation of scholars in many fields.“
Sieht an europäischen Unis wohl nicht anders aus. Von öffentlichen Unis im Süden ganz zu schweigen.
Einen Tag später zieht die Universität von Oregon nach. Sie empfiehlt ihren WissenschaftlerInnen, den eigenen Publikationen ein so genanntes „copyright transfer agreement“ beizufügen. Um mit der Publikation selbst nicht gleich alle Rechte abtreten zu müssen. Das entspricht dem Verfahrensvorschlag von Science Commons.
Das Science Commons Projekt hat mit der Scholar’s Copyright Addendum Engine (SCAE) ein leicht handhabbares Format entwickelt. Es ermöglicht, unkompliziert und variantenreich ein pdf Dokument zu erzeugen, welches den üblichen Copyrightvereinbarungen beigefügt wird. Zweck der Übung ist, dem Autor/der Autorin einige Nutzungsrechte vorzubehalten.
Warum das Ganze eine Welle ähnlicher Regelungen an anderen US- und internationalen Universitäten nach sich ziehen wird? Nochmal Peter Suber:
„Publishers who dislike the idea could respond by refusing to publish work by Harvard faculty. But that will not happen. Harvard is inserting the wedge and making it easier for other universities to follow suit with similar policies.“
So ist es. Harward hat eine Tür geöffnet und -wegen des Prestiges, welches die Uni genießt- gewissermaßen einen Keil als Türstopper untergeschoben.
Die Tür wird nicht wieder zuklappen. Die Lawine ist losgetreten. Die Instrumente stehen bereit. In immer mehr Wissenschaftszweigen, werden ForscherInnen und NutzerInnen den praktischen Vorteil geniessen, von dem ich eingangs schrieb: Unkomplizierten Zugang zu Forschungsergebnissen und Veröffentlichungen.
foto by dullhunk on flickr
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