Die Global Marshall Plan Initiative sucht nach Lösungen „zur Rettung der Welt“. Anfang März gründet sie in Berlin mit prominentem Aufgebot die „Coalition for the Global Commons“.
„When referring to the global commons, many people think of the atmosphere and outer space, the Arctic and Antarctic, the oceans and seabeds, rivers and forests, natural resources and the gene pool of plants and human beings.
But the commons is really much more than …just ecology. The global commons actually pertains to all matters that transcend national boundaries and are, therefore, outside the limits of government control, market laws, and private ownership…
While responsibility and jurisdiction over the global commons clearly belongs to the global public, the international community has not yet organized effectively to address these overarching interests. In many instances, these priorities have not even been identified as global commons issues, although they are largely familiar. Cross-border issues include world hunger and malnutrition, water and sanitation, disease prevention and health care, education and employment, global human rights and civil liberties, women’s and children’s rights, ethics and values, cultural arts and traditional heritage, international aid and income, global credit and debt, global business and production, science and population, climate and energy security, disarmament and peacekeeping, refugees and displaced persons, migration and trafficking, international law and corporate responsibility, technology and patents, media and cyberspace, and more.“ (Hervorhebungen S.H.)
Zugegeben, eine gute Definition der Global Commons ist das nicht. Die Benennung der Ressourcen selbst wird hier mit sozialen Produktionsprozessen, institutionellen Arrangements, öffentlichen Dienstleistungen, ethischen Werten bzw. aus dem Umgang mit den (global) commons resultierenden Problemen in einen Topf geworfen.
Aber die Dimension der Problematik wird zumindest angedeutet. Commonsmanagement und Flucht/Migration haben eben einiges miteinander zu tun (dazu mehr in einem nächsten post).
Die Initiative hat einen Aktionsplan für die Global Commons veröffentlicht, der online diskutiert und 2010 der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Die Kurzfassung liest sich stellenweise wie die Quintessenz der Forschung zum Commonsmanagement, stellenweise wie der Neuaufguß alter Debatten.
Gut finde ich den Ausgangspunkt der Überlegungen: Schutz der Global Commons durch Stärkung der „citizenship“ (nach wie vor ein unübersetzbarer Begriff); ich würde sagen: Durch Stärkung der Sozialbeziehungen und der Beziehungen der Menschen in ihren jeweiligen Gemeinschaften zu den Ressourcen.
Benannt werden universelle Prinzipien des Umgangs mit den sozialen, kulturellen wie natürlichen Gemeinschaftsgütern wie:
„compassion, trust, co-operation, equity, generosity, sharing, nonviolence, and peace.“
So weit, so richtig. Das tut der Commonsdebatte insgesamt sicher auch gut, dennoch fürchte ich, dass da die local commons -die kleinen aber flexiblen, auf funktionierenden Sozialbeziehungen basierenden Lösungen- tendenziell unter die Räder geraten. Ein Beispiel: Weltmarktzugang, vor allem für landwirtschaftliche Produkte aus Entwicklungsländern, gehört zu den anvisierten Lösungen. Wie commonsverträglich das ist, scheint mir mehr als fragwürdig.
Auch die Konzentration auf „global commons“ kann ich nicht nachvollziehen. Meiner Ansicht nach, ist gerade die Zerstörung der local commons ein zentraler Grund für das Desaster.
Wer in sozial zerrütteten oder individualisierten Gesellschaften lebt, wer täglich um Zugang zu sauberem Trinkwasser ringt oder meint dieses komme per Definition „aus der Wand“, wer soziale Produktionsbedingungen erleidet oder diese beim Kauf ignoriert, wird sich kaum um die global commons kümmern. Wer keine Chance hatte, zu erfahren oder wahrzunehmen, wie grundlegend lokale Gemeinschaftsgüter (vitale Ressourcen und Sozialbezieungen) für die Lebensqualität des Einzelnen sind, wird global commons tendenziell für das Problem der Anderen halten.
foto by ocean,flynn on flickr
Hm, ich weiss nicht. Das ist schon sehr allgemein, was diese Initiative da unternimmt. Das sieht ein wenig so aus wie eine Neuauflage der Earth Charter. Sehr ethisch inspiriert, sicherlich auch nicht falsch. Aber am Ende doch so sehr losgelöst von realen Entscheidungsprozessen (z.B. den Klimaverhandlungen), dass es Gefahr läuft zur Beschäftigungstherapie für Engagierte zu werden.
Hi, ich hatte heute einen kurzen e-mail Austausch mit einem Kollegen aus den USA, der sich mit seinen Publikationen zu den Commons einen Namen gemacht hat über die Initiative … und schrieb ihm eine Kurzfassung dessen, was in meinem post steht:
Hier seine Antwort:
Am Dienstag, den 25.03.2008, 11:50 -0400:
> I agree with you: using the commons as a global abstraction, with no sense of the particularity of the commons in its local manifestations, is evidence that a person doesn’t really understand the commons in its most essential sense. This project seems like a number of ones that
I’ve seen, in which established groups try to commandeer the commons concept because it is starting to acquire some cachet. It’s a fresh way to talk about the „public interest“ or the „common good.“ …
>
> Still…. the commons can be useful as a „staging area“ in which sympathetic people of goodwill can gather. So perhaps this group might move towards a more serious exploration of the commons. Perhaps the Coalition (or whomever is actually leading it) could be persuaded to take the commons more seriously. But that could require a lot of work. “
…
&
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Die Initiative streitet für einen schöneren Kapitalismus mit mehr gesamtgesellschaftlicher bzw. ökologischer Vernunft. Hergestellt werden soll diese durch eine „öko-soziale Marktwirtschaft“. Die soll einen Ordnungsrahmen für das Weltwirtschaften schaffen, etwa durch Finanztransaktionssteuern, CO2 Abgaben und Terrar-Zöllen auf Welthandelsgüter, aber auch durch ein garantiertes Mindesteinkommen (für das nicht gearbeitet werden muss). Die Inhalte sollen sich zum Beispiel aus den SDGs ergeben, die die UN im September verabschieden werden.
Das sind in einen Augen alles Dinge, die Bewegung in die richtige Richtung ermöglichen könnten und in so fern Unterstützung verdienen – angesichts der gegebenen globalen Kräfteverhältnisse, die ja immer noch von der allmächtigen Brown-Economy bestimmt werden.
Allerdings fallen ein paar Dinge etwas unangenehm ins Auge wie der Name Global Marschall Plan, der nach meinem Eindruck vor allem des vorgestellten Werbeeffektes Willen gewählt wurde. Und mit der „Global Common Initiative“ verhält es sich womöglich nicht viel anders. Man muss hier aus meiner Sicht deutlich machen, dass Commons vor allem Bereiche der tatsächlich (und nicht nur vorgestellt) gemeinsamen bzw. gemeinschaftlichen Verantwortung sind und Global Commons also nicht einfach per Definition geschaffen werden können, sondern erst geschaffen werden müssten und zwar mittels Strukturveränderungen, die (welt-) gemeinschaftliche Verantwortung tatsächlich erlauben.
Die Verteidigung lokaler Commons sollte deshalb meiner Ansicht nach ein wesentliches Motiv zur Etablierung globaler Ordnungsrahmen sein, die weltgemeinschaftliche Verantwortung erlauben.
„Terrar-Zölle“ für weltweit gehandelte Waren, am Besten mit Öko- und Sozialboni, wären sicher Dinge, die Bewegung in eine solche Richtung entfachen könnten – vorausgesetzt, es könnte garantiert werden, dass die Mittel der Brwon Economy tatsächlich allmählich den Boden entziehen und die Mittel etwa zur Umsetzung der SDGs eingesetzt würden- oder auch zur Verteidigung lokaler Commons. Aber auch das bräuchte unabhängige Institutionen, die es als ihre Aufgabe sehen, die Differenz zwischen dem öko-kapitalistisch Machbaren und dem hinsichtlich sozio-ökologischer Vernunft als notwendig Erkannten aufzuheben.