Sönke Wortmann: Deutschlands Sommermärchen II?

EM 2008: kein Sommermärchen, aber doch nah dran.

Bin am Abend des Endspiels durch die Stadt geradelt. Niemand da! Die Stadt wie menschenleer. Das wirkt so intensiv, weil ALLE da sind. Nur eben im nächsten Biergarten. Es fühlt sich an wie das Gegenteil einer Geisterstadt.

Dieser post über die Wortmann-BILD-Initiative für den EM Film ist derzeit mit Abstand meistgelesener Beitrag. Also hab‘ ich mich entschlossen nachzulegen. Worum es geht? Wortmann und BILD wollen einen EM Film produzieren, für den die Fans das Material liefern und den wir uns bald alle im Internet anschauen können. Deutschland ein Sommermärchen II. Ko-Kreation heißt das neuerdings. (siehe dazu diesen post)

Das Vorgehen ist für einen Erfolgsregisseur durchaus bemerkenswert. Die Fans filmen was immer sie wollen, produzieren Animationen, stellen Spiele nach und schicken das Material an BILD/Wortmann. Das muß der Mann erstmal aushalten. Von den eingeschickten Kurzvideos habe ich mir ein paar angesehen, war nach dem 5. ähm… gelangweilt. Sind aber bestimmt klasse Sachen dabei. Keine Frage.

Wie es funktioniert, ist mir nun klarer. O-Ton Wortmann:

„Schicken Sie uns Ihre Videos von der Fußball-Europameisterschaft. Aus den besten Einsendungen entsteht das Sommermärchen 2008. Jeden Tag bis zum Ende der EM wähle ich fünf Videoclips des Tages aus, von denen jeder mit 100 Euro belohnt wird. Alle Siegerfilme sind im Internet auf http://www.sommermaerchen.bild.de zu sehen.

Die Präsentation dieser Tagessiegerclips kommt alles andere als „innovativ“ (Selbstdarstellung des Projekts) daher. Jedem Kurzvideo ist Sponsorenwerbung vorgeschaltet. Manchmal ist die Werbung (immer dieselbe) länger als der Clip. Das hat zur rasch einsetzenden Langeweile erheblich beigetragen.

Es scheint mir die gleiche Geschichte: Erfolgreiche Projekte wie die der Freien Software oder der Wikipedia in denen Wissen bzw. Kultur generiert wird, haben ja ihre eigenen Prinzipien. Aber jene, die im klassischen Mustern denken und produzieren (Akteur x kauft die Rohstoffe, be- oder vernutzt die Allmende, kauft Ideen, Arbeitskraft, Zwischenprodukte, eignet sich all dies an, bearbeitet es und verkauft es dann wieder, um den Mehrwert zu realisieren), picken sich ein paar Rosinen aus diesen innovativen Konzepten (z.B. der Peer Production), und versuchen dann, diese Ideen in ihr Muster zu integrieren. Der Kern bleibt unangetastet.

Innovativ finde ich das Projekt also nicht: Zwar dürfen alle mit produzieren. Alle lassen ihrer Kreativität freien Lauf. Alle fühlen sich irgendwie einbezogen. Aber die Entscheidungen triffen nur die, die die Kontrolle über das Projekt haben (Wortmann, BILD und Sponsoren). Man produziert nicht nach selbstbestimmten Regeln MIT-einander, sondern die Fans produzieren für sich aus Lust und Laune, wenn sie Tagessieger werden für 100 Euro und -zu Bedingungen, die sie nicht mitentscheiden konnten- für BILD/Wortmann. Ich hätte einen Beitrag einschicken sollen um zu erfahren, welche Rechte gegen 100 Euro abzutreten sind.

Ob mir am Ende doch noch was Positives zum Sommermärchen II einfällt, kommt darauf an, ob Wortmann/BILD sich für eine Freie Lizenz entscheiden bzw. wie der Film „verwertet“ wird.

Übrigens: frei lizenzierte Filme und Animationen -die also das Werk in die kulturelle Allmende geben- gibt es schon.

Von der Blender-Foundation zum Beispiel. Elephant Dreams war der erste Film 3 D Animationsfilm, der nicht nur mit einer Creative Commons Lizenz versehen wurde, sondern auch komplett mit Hilfe von Open-Source Software hergestellt ist. Auch Big Buck Bunny hoppelt derzeit frei durch den cyberspace. Die Werke stehen als Download zur Verfügung, können aber auch als Bezahl DVD erworben werden.

Die verwendete Lizenz erlaubt es, den Film zu kopieren, weiterzugeben, zu ändern und sogar kommerziell zu verwerten. Stellen Sie sich mal vor, Walt Disney schriebe folgenden Satz in den Abspann:

This movie and all data on the DVDs and almost all of the contents on this website is licensed under the Creative Commons Attribution license. In short, this means you can freely reuse and distribute this content, also commercially, for as long you provide a proper attribution.“

Was ich nicht verstehe ist, warum die Bender Foundation sich nicht für den Share Alike Modus entschieden hat. Sie lässt damit zulässt, dass irgendjemand, den Big Buck Bunny doch noch einfängt und einem abgeleitetes Werk das große Copyricgt C aufbrennt.

Foto on flickr by besimo

Ein Gedanke zu „Sönke Wortmann: Deutschlands Sommermärchen II?

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