Commonsforschung „looks well alive on the old continent“, so das Fazit von Tine Moor und Giangiacomo Bravo in „The Commons in Europe: from past to future“. Der Beitrag eröffnet die zweite Nummer des International Journal of the Commons.
Die lange europäische Tradition des Gemeineigentums (Commons Pool Resources sind allerdings nicht dasselbe wie Gemeineigentum) wurde im Zuge der industriellen Revolution „ernsthaft herausgefordert“. Man kann auch sagen „platt gemacht“.
„Since the middle of the 18th century, commons… were considered as an inefficient way of resource management. Most historical commons had – at least in the northwest of the European continent – been largely eliminated by the end of the 19th century.“ (Herv. S.H.)
Dennoch haben traditionelle Commons die Liberalisierungswucht der letzten Jahrhunderte überlebt. Aktuelle Beiträge dazu gibt es im Journal über das Ebrotal in Spanien, die Allmende in England und Wales oder über die Graslandnutzung der Samen in Norwegen (siehe Foto, schöne Fahne haben die) .
Im industriellen und postindustriellen Zeitalter enstanden „neue commons“. Transport, Stadtplanung, Energieversorgung, Umweltdienstleistungen, die Infrastrukturen der Moderne – sozusagen.
Commons sind also nach wie vor präsent – man könnte fast sagen, mehr denn je, denn ihre Funktion ändert sich, sie erweitert sich. Auch da, wo es noch ganz traditionell zugeht – etwa in den Alpen. Dort geht es nicht mehr nur um kollektive Wald-, Wasser und Weidenutzung, sondern auch um Landschaftsgestaltung und Klimaschutz.
Mit der Funktion der Commons verändern sich auch die NutzerInnen und die Institutionen des Commonsmanagements, schreiben Bravo und De Moor. Je mehr NutzerInnen umso komplexer die Interessenslage und umso diffiziler das Institutionenproblem.
Commons sind – das stellen die Autoren klar- so wenig ein Relikt aus der Vergangenheit, wie Commonsforschung nur etwas für Historiker ist. Sondern:
Commonsresearch „represents one of the key issues towards a better understanding for some of the major challenges underlying the politics of EU-countries.“
Auch die Bedeutung des Commonsbegriffs selbst habe sich gewandelt:
„… historical commons did not necessarily pursue equity and were focused especially on the attempt to find an equilibrium between human pressures and the provision capabilities of the natural resources, whereas after the Liberal Revolution (18th-19th centuries) the commons became synonymous with equitable uses. The idea of equity represents indeed the core of the renewed vision of the community that emerged in the last century and still dominates today’s communitarian worldviews. (Herv. S.H.) (Vgl: Beitrag von J.-M. Lana Berasain zum Allmendmangement im Ebrotal)
Welche Gleichheits- und Gerechtigkeitsvorstellungen der heutigen Commonsdebatte zu Grunde liegen, darüber wird noch viel zu diskutieren sein.
Was in der Commonsforschung Europas fehlt: Forschungen zur Fischerei (dieser wahren“ Tragik des öffentlichen Eigentums“), mehr interdisziplinäre Arbeiten zu den neuen, städtischen Commons und Commonsforschung in Osteuropa. Mich wundert allerdings, dass die Autoren unter „neuen Commons“ vor allem städtische Commons, diverse Dienstleistungen, Landschaftsplanung usw. verstehen. Die digitalen fehlen in dieser Nummer des Journals jedenfalls auch.
Der Text von Bravo und de Moor skizziert m.E. auch Folgendes:
Commons sind flexibel, dynamisch und hochgradig anpassungsfähig. Das macht sie so zentral für die Zukunft.
foto: samische fahne, http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Sami_flag.svg (Public Domain)