Wissen ist nie Privateigentum

„Wissen kann kein Eigentum sein“ titelt heute der Informationswissenschaftler Rainer Kuhlen in der Süddeutschen. Kein Privateigentum!

(Es gibt hier leider nur Auszüge, da der Text nicht elektronisch vorliegt.)

Besonders dramatisch wirkt sich die Logik privatwirtschaftlicher Verwertung von Wissen und Ideen im Wissenschaftsbetrieb aus. Die Urheber von Daten, Texten, Essays und Büchern, die WissenschaftlerInnen, gehen meist leer aus. Sie sind darauf angewiesen, dass ihre Sachen publiziert werden und treten ihre Rechte an die Verwerter ab. Natürlich gibt es viele Wissenschaftsverlage, die um’s Überleben kämpfen. Und natürlich sind da die Interessen der in der Verwertungsindustrie Beschäftigten, die dieses System nicht erfunden haben.

Doch das ändert nichts daran, dass die Verwerter zu dem,

„was ‚das Geistige‘ in einem Informationsprodukt ausmacht, …. als Verleger nichts beigetragen haben“.

Die großen Wissenschaftsverlage machen beträchtlichen Umsatz. Der Marktführer Reed Elsevier, schreibt Kuhlen, bewegt ca 2,5 Mrd Euro im Jahr mit Wissenschaftsinformationen im engeren Sinne. Die Bibliotheken indessen, die wichtigsten Kunden dieser Verwerter, müssen -mangels öffentlicher Finanzen- eine Fachzeitschrift nach der anderen aus den Regalen nehmen. Es sei denn, sie verwenden ihre knappen Mittel gewissermaßen auf den Rückkauf von „Wissen“, das – öffentlich finanziert- mitunter in der eigenen Uni fortentwickelt wurde.
Vor diesem Hintergrund fragt nun der Autor:

„Ist die Freie Nutzung von Wissen wirklich eine Bedrohung von Eigentum?“… „Droht dem immateriellen Gemeingut Wissen nicht das gleiche Schicksal wie den materiellen Gemeingütern, der Luft, dem Wasser, den natürlichen Ressourcen, die lange der privaten Nutzung ungehindert ausgesetzt waren, mit den heute nicht mehr wegzudiskutierenden negativen Konsequenzen?“

Und mit Bezug auf John Locke, (siehe Abs. 2.4.4. Eigentum) dessen Bedingungen für individuelle Aneignung dem Privateigentumshype der letzten Jahrhunderte weitgehend zum Opfer gefallen sind, fragt Kuhlen:

„Muss nicht, bei der privaten Aneignung eines Gemeinschaftsguts, soviel übrig bleiben, dass die Gemeinschaft trotzdem großen Nutzen daraus ziehen kann?“

Ja klar! Dafür muß man begründen, warum Wissen und Ideen Gemeinschaftsgut sind. Warum sie nicht privataneignungsfähig im naturrechtlichen Sinne sind. Und man braucht die geeigneten Instrumente. Ähnlich wie Creative Commons am Copyright ansetzt, schlägt der Autor – zugleich Vorsitzender des Aktionsbündnisses Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft – vor, sich das Urheberrecht zu Nutze zu machen und eine kleine, aber durchschlagende Änderung vorzunehmen:

„Im Grunde würde schon eine einzige Regel helfen: Es darf nicht sein, dass Urheber die Rechte an den mit öffentlichen Mitteln erzeugten Werken exklusiv der kommerziellen Verwertung überlassen.“ (alle Herv. S.H.)

So ist es. Zur Generierung geistiger Inhalte, werden immer auch Gemeinressourcen (natürliche, soziale und kulturelle Mittel) genutzt. Sei es Energie, die Investitionen und Institutionen des Öffentlichen Bildungswesens, die gemeinfreien Wissensbestände und Kulturtechniken. Das Niedergeschriebene ist immer auch ein gesellschaftliches Produkt. Und das Problem ist die Nutzung desselben zum ausschließlichen Zwecke der Verwertung im privaten Interesse. Wissen ist nie Privateigentum. Man darf damit nicht machen was man will.

Bildnachweis: Greek Goddess Athena, Source http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Athena.pngDr. Vollmers Wörterbuch der Mythologie aller Völker, third edition Stuttgart 1874

Ein Gedanke zu „Wissen ist nie Privateigentum

  1. Vielleicht etwas ungewöhnlich, wenn der referenzierte Autor selber einen Kommentar schreibt. Aber – der Text ist, anders als im Blog vermerkt, elektronisch verfügbar. Auf meiner Website kuhlen.name unter „Aktuelles“ ist der PDF des Artikels aus der Süddeutschen herunterladbar – vermutlich ist das aber als „geistiges Eigentum“ der SZ nicht erlaubt – daneben ist aber mein Ausgangstext als Open Office mit CC-Lizenz ebenfalls herunterladbar – also PDF (mit möglichen Konsequenzen) als ODT (ohne solche).
    RK

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