Was also sind Commons wert? Schon diese Frage! Natürlich lässt sich der Wert der Gemeingüter nicht in Zahlen beschreiben. Höchstens in Worten und dafür gibt es Berufenere als mich. Da ich aber soeben über drei Zahlen gestolpert bin, wollte ich sie hier zusammen bringen.
Letzte Woche wurde die von BUND, EED und Brot für die Welt herausgegebene Studie des Wuppertal Instituts „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein Zweipfünder, schätz ich. … Eine detaillierte Beschreibung der gegenwärtigen Krise von Natur und Gesellschaft, die dennoch Mut macht, weil sie auf zahlreiche Lösungen und umsetzungsreife Vorschläge verweist. Gemeingüter finden darin einen wichtigen Platz. (Dazu später mehr).
Im Kapitel „Die ganze Wirtschaft“ wird auf den wirtschaftlichen Wert der Naturökonomie -Wasserregulierung, Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Reproduktion- eingegangen. Nach einer Studie von 1997 entsprach er dem Doppelten des globalen Bruttosozialproduktes. Circa 33 Billionen Dollar jährlich. 33.000.000.000.000! Falls sich darunter jemand was vorstellen kann.
Eine aktuelle -vom deutschen Umweltministerium und der Europäischen Kommission herausgegebene- Studie ‘The Economics of Ecosystems & Biodiversity (TEEB)‘ offenbart, dass sich die wirtschaftlichen Schäden der Entwaldung jährlich auf 2 bis 3 Billionen Dollar belaufen. (vía; siehe auch Spiegel Online.)
„Dabei versteht sich von selbst, dass vollends unwägbare Qualitäten wie Ästhetik und Metaphysik der Natur außerhalb der rein monetären Betrachtung bleiben.“ (S. 287, zitiert nach: Constanza, Robert et al: The Value of the World’s Ecosystem Services and Natural Capital. In: Nature, Vol. 387, S. 256.)
Auch die kollektiven kulturellen Leistungen – aus der die unschätzbare Fülle der Wissensallmende hervor geht- sind nicht mitgerechnet. Sie wurden in der Studie leider weitgehend außen vor gelassen.
Heise berichtet heute, dass die Linux Foundation, die Kosten für die komplette Neuentwicklung einer „typischen Linux-Distribution“ berechnet hat. Das Ergebnis: 10,8 Milliarden US-Dollar (Am Beispiel der Community-Variante von Red Hat Linux, der Kernel alleine würde knapp 1,4 Milliarden Dollar kosten. Zumindest in den USA, denn es wurde us-amerikanischen Durchschnittsgehälter für Programmierer zu grunde gelegt.)
„Eine Linux-Distribution besteht neben dem Kernel aus einer Vielzahl von Programmen und Bibliotheken, darunter das grafische System, die GNU-Tools und eine oder mehrere Desktop-Umgebungen. Für die Studie installierten die Verfasser alle 5547 verfügbare Fedora-Source-Pakete…, zählten mit SLOCCount die Zahl der Codezeilen und schätzten mit der COCOMO-Methode was es kosten würde, das gleiche System auf herkömmliche, proprietäre Art zu entwickeln. Dabei legten sie ein US-Durchschnittsgehalt für Programmierer zugrunde.
Allen Einschränkungen zum Trotz (es ist schwer zu bestimmen, was genau zu einer Linux-Distribution gehört, SLOC berücksichtigt nur Netto-Zuwächse von Codezeilen, nicht das, was gelöscht oder verändert wurde usw.):
Die Botschaft ist klar. Commons sind unermeßliche Gaben der Natur und der Gesellschaft. Was für ein Schatz, den wir heben, nutzen, bewahren und erweitern müssen!
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Ich habe da meine Zweifel bei der „Natur“. Da wird ja einfach immer schon angenommen, daß sie vorhanden ist: Atmosphäre, Boden etc. Ich weiß nicht einmal, ob die Menschheit kollektiv in der Lage wäre, das Ökosystem nach der umfassenden Schädigung durch den Kapitalismus wieder herzustellen bzw. Lebensbedingungen der Gattung aufrecht zu erhalten, wenn sie durch die Wirtschaft zestört sind. Was veranschlagt man da? Das BIP der Weltwirtschaft von 100 Jahren? 200 Jahren? 300 Jahren? Fakt ist: unsere Spezies kann sich den Kapitalismus nicht leisten!