Hier die heutigen Abstimmungsergebnisse zur Ausweitung des Copyrightschutzes auf Musikaufnahmen auf 70 (!) Jahre (immerhin keine 95). Ein „schändlicher Vorschlag“, laut Financial Times. Trotzdem waren 317 ParlamentarierInnen dafür, 178 dagegen, 37 Enthaltungen. Die NutzerInnen und die meisten KünstlerInnen gucken in die Röhre, die kulturelle Allmende wird einmal mehr gerupft.
Hier mehr Infos und links bei Heise.
Die Grüne Fraktion im EP hat dazu folgende Pressemitteilung rausgegeben:
Copyright: EU-Parlament tanzt nach der Pfeife der Musikindustrie-Giganten
Zum heutigen Beschluss des Europäischen Parlaments die Copyright-Zeiten von 50 auf 70 Jahre zu verlängern, erklären Eva Lichtenberger stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Grünen/EFA und Helga Trüpel, stellvertretende Vorsitzende des Kulturausschusses:
„Über das heutige Votum des Parlaments zum Copyright dürfen sich vor allem die Giganten der Musikindustrie freuen. Die heute beschlossene Verlängerung des Copyrights von 50 auf 70 Jahre wird Ihnen zusätzliche Milliardeneinnahmen bringen, ohne dass sie dafür einen Finger rühren müssen. Das Nachsehen haben die Künstler und die Konsumenten.
Das Copyright in seiner aktuellen Fassung zu verlängern, bedeutet tote Pferde zu satteln. Die Art und Weise, wie heutzutage das Copyright verwaltet wird, entspricht nicht dem digitalen Zeitalter. Die alten Verträge, die extrem ungerecht gegenüber den Künstlern sind, einfach fortzuschreiben, ist nicht der richtige Weg und verlängert nur eine inakzeptable Situation….
…Die Musikindustrie steckt heute das Geld ein, das sie früher für die physische Distribution und Werbung verwenden musste. Wir brauchen daher ein von Grund auf neu gestaltetes Copyright, das neue rechtliche Konstruktionen wie Flatrates und freie Lizenzen (1) mit einschließt. …
Anmerkungen:
(1) Freie Lizenzen erlauben Künstlern ihre Werke unentgeltlich ins Internet zu stellen
Foto on Flickr by eldersign
so skandalisierbar das abstimmungsergebnis auch ist, hat es doch auch sein gutes: restriktivere verordnungen führen dazu, dass alternativen zum copyright (die ja mit den sog. „freien lizenzen“ vorhanden sind) attraktiver werden.
In diesem sinne sehe ich das abstimmungsergebnis einerseits als teil der säge, mit der die musikindustrie seit jahren an dem ast sägt, auf dem sie sitzt. andererseits aber auch als teil des spatens mit dem leute und initiativen alternativen pflanzen.
(wegen der blumigen formulierungen: es wird halt gerade frühling =)
Das EU-Parlament tanzt nicht nur nach der Pfeife der Musikindustrie, sondern erweist sich auch sehr offen gegenüber Forderungen der Pharma- und Forschungslobby. Der Druck dieser Lobby hat erheblich dazu beigetragen, dass die von der EU-Kommission vorgelegte neue Richtlinie in Sachen Tierversuche vom EU-Agrarausschuss und jetzt vom EU-Parlament zu Lasten der Tiere verschlechtert wurde.