Financial Times: Nein zur Einhegung der kulturellen Allmende

„Do not enclose the cultural commons“. Ich dachte, so titeln nur Commonsblogger :-), aber es ist die Financial Times.

Das Blatt bezieht sich auf die Folgen einer Entscheidung, die heute im Europäischen Parlament getroffen wird. Es geht um den Vorschlag, das Urheberrecht für Musikaufnahmen von 50 auf 95 Jahre auszuweiten. (siehe unten)

Obwohl der zuständige Kommissar, Charlie McCreevy, behauptet, diese Ausweitung würde ältere Performer in der „sensibelsten Phase ihres Lebens“(!) schützen und junge Künstler fördern, bleibt die FT klar: „Weder das eine noch das andere wird passieren.“ Sie nennt es einen „disgraceful proposal“, einen schändlichen Vorschlag, …der lediglich der Musikindustrie noch mehr Macht gibt, als sie ohnehin schon hat. Von solch einer Ausweitung profitierten maximal EMI und Cliff Richard. Ergo: „The parliament must vote it down.“

Das zentrale Argument (sorry, unübersetzt):

„Anyone acquainted with human creativity knows that most artistic work worth having springs not from the expectation of lengthy royalty streams but from the intrinsic motivation to create. Artistic production is simply something humans do: it pervades history, copyright protection or not. Dave Rowntree, drummer with Blur and The Ailerons, put it succinctly…: „I have never heard of a single one [band] deciding not to record a song because it will fall out of copyright in ‘only‘ 50 years. The idea is laughable.“

Die Lösung für das zweifellos vorhandene Problem, dass Künstler zu wenig für ihre Arbeit bekommen, sei nicht die Ausweitung des Urheberrechts, sondern die Verschiebung der Machtverhältnisse: von den Rechtevewertern (Produzenten) zu den Künstlern und Performern. So isses!

Hier bringt die Open Rights Group mehr Argumente vor (schlecht durchdachter, lückenhafter Vorschlag, bürokratische Vorgehensweise, Nutzniesser wären vor allem die 4 großen Musikproduzenten, keine vernünftigen Untersuchungen darüber, welche Massnahmen wirklich für die Künstler sinnvoll sind, vor allem die Einkommen von „trust funds“ verstorbener Performer würden steigen, nicht die Einkommen der Lebenden. Risiko, dass viele Werke, wo Copyright nicht klar oder schwer zu klären ist, zu verwaisten Werken werden u.a.m.)

Und hier schreibt Open Source, Open Genomics, Open Content.

Anmerkung: Der Vorschlag ist niedergelegt im: Änderungsantrag der Abgeordneten Sharon Bowles, Andrew Duff und Olle Schmidt ALDE, Guy Bono, PSE, Christofer Fjellner, Zuzana Roithova, Anna Ibrisagic EPP zum Vorschlag für eine Direktive des Europäischen Parlements und des Rates 2006/116/EC in Sachen Urheberrecht und damit verbundene Rechte (COM(2008)0464 – C6-0281/2008 – 2008/0157(COD))

2 Gedanken zu „Financial Times: Nein zur Einhegung der kulturellen Allmende

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