Wem gehört der Griebnitzsee?

Ich kenne das aus El Salvador. Die Menschen haben fast keinen Zugang mehr zum Coatepeque, dem schönsten Binnensee des Landes. Fast alle Ufergrundstücke sind bebaut. Bootsanlegestelle, dann Grundstück, dann Haus, Hotel oder Gaststätte, dann eine hohe Mauer. So hoch und solide sind die Mauern in Deutschland noch nicht, aber wir sind auf dem besten Weg dahin. Acht Eigner der in Ufernähe gelegenen Villen wollen sich den ungestörten  Zugang zum Griebnitzsee sichern. Ein freies Begehen des seit Jahren umkämpften Uferwegs ist derzeit nicht mehr möglich. Im Villengarten lebt sich’s ruhiger, wenn die Allgemeinheit nicht am See rumstapft. Wo kämen wir da auch hin? Ich finde schon lange, dass in Deutschland eine gewisse Lateinamerikanisierung der Verhältnisse stattfindet. Hier ein Beitrag aus der taz:

„Die Villenbesitzer sind wütend, das sieht man an ihren Absperrmethoden, …sie wollen den Weg, das Ufer, am liebsten wohl den ganzen See für sich. Die Potsdamer, die am See wohnen, dort aber gern spazieren, sind auch wütend. „Geld regiert die Welt, aber wir sind das Volk!“ steht mit Hand auf einen Zettel geschrieben. Er ist, hinter Klarsichtfolie gepackt, an einen Baumstumpf unweit der ersten Absperrung gepinnt. Denn der griesgrämige Mann hat recht: 150 Meter nach dem S-Bahnhof riegelt ein Zaun den Weg ab.“

In meinen Vorträgen über die „Einhegung der Gemeingüter“ kommt immer die Idee, dass die Einhegung dem Takt der technologischen Entwicklung folgt. Früher wurde einfach ein Zaun gesetzt, man brauchte einen Zaun, einen Hammer und die Macht, das ganze durchzusetzten. Heute geht es komplexer zu – da gibt es Genmanipulation, Kopierschutzmechanismen und Geo-Engeneering. Aber die einfachen Zäune gibt es eben auch noch, wie das Beispiel Griebnitzsee zeigt.

Hier noch ein Bild vom Coatepeque. Wenn ich technisch etwas versierter wäre, könnte ich ein Kreuzchen an die Stelle machen, die zu meinen Lieblingsorten in El Salvador gehört. Eine rustikale Minipupusería, oberhalb des Sees an der Straße direkt auf dem Kraterrand, ganz links im Bild.

foto Coatepeque: public domain
foto Griebnitzsee/ Uferweg: CC ND SA Schockwellenreiter

6 Gedanken zu „Wem gehört der Griebnitzsee?

  1. Es gibt übrigens auch sehr positive Beispiele, so ist zum Beispiel das gesamte Ufer des Bodensees zugängig. Das ist gesetzlich so festgeschrieben. Eigentlich müsste man das für alle Gewässer so machen.

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