„Du hast gar nichts über den Einsturz des Kölner Stadtarchivs gebloggt, von dem auch der Nachlass Bölls schwer getroffen hat“ , sagte mir neulich ein Leser. „Immerhin hast Du mal bei der Böllstiftung gearbeitet.“ (Hier ein Interview mit René Böll, indem von „bodenloser Schlamperei, Ignoranz und wohl auch finanziellen Gründen“ die Rede ist, die zu dieser „mehrfach angekündigten Katastrophe“ führten).
Es gibt viele Gründe, auf dem Commonsblog über den Einsturz des Archivs zu schreiben, da muss man nicht Mitarbeiterin der Heinrich Böll Stiftung gewesen sein. Am besten erklärt das kurz und bündig dieser lesenswerte Beitrag von Gerd Held in der WELT (heute in meinem Dokumentendschungel wiederentdeckt).
Held stellt den Einsturz in den richtigen Kontext. Er diagnostiziert eine „allgemeine Schieflage“, eine Zeit, die „völlig ihre Maßstäbe verloren hat„. Zitat:
„Wir leisten uns einen Verbraucherschutz, der die aktuellen Konsumgüter bis ins Kleinste überwacht, während die historisch langatmigen Dinge nur ferne Punkte am Horizont der öffentlichen Wahrnehmung sind. Oder die Maßstäbe des Sozialen: Da gibt es ein umfangreiches Förderprogramm, das selbstherrlich den Titel „Die soziale Stadt“ führt. Es beschäftigt sich nur mit der Förderung benachteiligter Stadtteile. Die urbanen Zentralpunkte werden offenbar nicht als sozial bedeutsam empfunden. Und auch die Maßstäbe des Rechts: Unsere Verfassungsidentität wird in den individuellen Menschenrechten gesehen, während Gemeingüter – wie die von allen geteilten Bestände unserer Kultur – einen viel geringeren Rechtsstatus haben.“
Das ist ein Problem, und daran müssen wir was ändern. Jetzt. Gute Ansatzpunkte liefern die Grundgesetzartikel 14, 15 und 20a.
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