In Dresden hat vom 08. bis 10. Oktober das 2. World Culture Forum stattgefunden. Herausgekommen ist dieses_Manifest. Es wurde in Rekordzeit verabschiedet. Wenn ich bedenke, wie lange wir für „unser Gemeingüter Manifest gebraucht haben…
Seis drum, warum steht das hier? Die Auseinandersetzung um Gemeingüter betrifft in mehrfacher Hinsicht die kulturelle Sphäre. Sie muss in der Gesellschaft diskutiert und entschieden werden. Dort, wo wir im Zusammenleben um die Frage ringen, was geht und was nicht. Sie muss in die Alltagskultur zurück fließen und diese prägen.
Die andere Variante wäre, alles zu verregeln, für jedes Problem Institutionen zu haben und Institutionen, die die Institutionen kontrollieren und Institutionen, die …in Konfliktfällen über andere institutionelle Entscheidungen entscheiden. Das klingt nicht nur nach Bürokratie, es aktiviert auch die Abwehr gegen den allmächtigen Staat.
Julio Lambing erteilt dem eine Absage:
„… alles zu verregeln – und als Konsequenz alles zu verrechtlichen – führt in eine Sackgasse. Sicherlich sind Regeln für die erste Einweisung in eine Praxis wichtig, aber schon bei so elementaren Dingen wir Kochen oder Musik wissen wir, wie begrenzt das ist. Ein richtiger Koch muss weit mehr beherrschen als nur Rezeptbücher zu befolgen, und ein Musiker mehr als Noten abspielen. Wenn Gemeingüter gedeihen sollen, dann ist Know-How vonnöten sowie diverse Fertigkeiten – und eben Tugenden.“ (Herv. S.H.)
Zu Beginn des Manifests wird in diesem Sinne eine vielversprechende Perspektive aufgemacht; dass nämlich:
1. Kulturen Letztinstanz für die Regelung des Zusammenlebens seien, da sie „klären, was letztlich die zentralen Anliegen von Gesellschaften sind und mit welchen Mechanismen diese verfolgt werden.“
2. in allen großen Kulturen zentrale Prinzipien existieren, die das „Wechselspiel von Freiheit und Solidarität, die universellen Menschenrechte, die Verantwortung für die Natur und die ganze Schöpfung, … , die Freude am Tun und die Freude am Leben“ betreffen.
3. das Ökonomische „nur Teil der Kultur“ ist und „aus der Kultur … die ‚Leitplanken'“ für das Ökonomische gewonnen werden müssen.
Doch statt diese Perspektive durchzudeklinieren ausgehend von der Frage, welche Gesellschaft wir wollen und wie kulturelle Muster bewegbar sind, setzen die Unterzeichner, na? … auf den Staat (vor allem auf die Staaten der G20). Die Leserin wundert sich.
Die Staaten sollen tun, was die Grünen als Green New Deal bezeichnen: ökosoziale Leitplanken einziehen – regulieren, besteuern und alte Denkmuster durchbrechen. Sie sollen (und die Nennung ist durchaus bemerkenswert) für eine „gemeinwohlverpflichtete Ausgestaltung des Eigentumsbegriffs in weltweiter Perspektive“ argumentieren und sozial-ökologisches Unternehmertum fördern. An die G20 als Hoffnungsträger geht auch der Appell…
„an die Stelle von Selbstregelung und freier Eigensteuerung der Märkte im marktfundamentalistischen Sinne muss eine weltweite ökologisch-sozial regulierte, nachhaltige Marktwirtschaft treten: ökosozial statt marktradikal!„
Ok, das ist wichtig, aber nicht genug und … auch nicht mehr so richtig neu. Ich fände es gut, wenn auf dem nächsten World Culture Forum die Commons stärker vertreten wären – eben um „etablierte Denkgewohnheiten zu durchbrechen“ und „alte Fragen neu zu stellen“. Aus der Kulturgesellschaft.
Ich glaube schon, dass aus der Debatte um Gemeingüter ein starker Impuls kommen kann, um die
„entscheidenden Erfahrungen in den großen Kulturen und Zivilisationen“
aufzuspüren und für die Lösung der Probleme der Gegenwart zu nutzen.
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