Superfrage. Ich fand sie in der FAZ! Es ist Jahr der Biodiversität. Die FAZ widmet sich dem Thema der Gemeingüter in einem langen Beitrag von Jörg Albrecht. Albrecht beginnt mit einer Rechnung des inzwischen verstorbenen Biokybernetikers Frederic Vester. Dieser stellte fest, dass ein Blaukehlchen schon vor Jahrzehnten 301,38 Deutsche Mark „wert“ war. Mit 10 Pfennig schlagen in Vesters Rechnung die Leistungen des Blaukehlchens als
„Ohrenschmaus und Augenweide“ zu Buche. Diese Eröffnung steht in interessantem Kontrast zum Schluss des Beitrags.
Albrechts zentrale Fragen sind: „Was ist Biodiversität?“ (beantwortet er detailliert und mit durchaus einprägsamen Vergleichen) „Was haben wir davon? Und was kostet uns das?“ Warum er das Ringen von Umweltschützern gegen große Infrastrukturprojekte, wegen eben dieser Fragen, als „Sperenzchen“ und „Umweltmarotte“ abtut, ist mir schleierhaft, aber es ist ein sehr gutes Zeichen, dass die FAZ jetzt „wo die Ressourcen knapp werden “ (genauer: „knapp gemacht wurden“) dem Thema so umfassende Aufmerksamkeit widmet. So gut, wie das Fazit des Autors.
Albrecht kommt (nach einigen Umwegen à la: „Solange saubere Küsten und Gewässer nicht wie Bananen gehandelt werden, lässt sich auch kein Marktpreis ermitteln.“) zu der Erkenntnis,
„dass man Ökosysteme in letzter Konsequnz nicht nach den Regeln der Marktwirtschaft bewerten kann. Zumal der Mensch auch noch integraler Teil von ihnen ist,…“
So einfach ist das. Er erinnert an David Ehrenfeld von der Rutgers University, der meint,
„Dinge zu bewerten, die uns nicht gehören und deren Bedeutung wir nur äußerst oberflächlich verstehen, ist der Gipfel anmaßender Verrücktheit.“ Ökologen sollten sich auf jeden Fall fernhalten vom „schlüpfrigen Terrain der Wirtschaftswissenschaftler und ihrer philosophischen Verbündeten.“
Später ein netter Tippfehler, wenn Albrecht von der „Tragik der Allemende“ spricht, dann aber die „Tragik der öffentlichen Güter“ bzw. „des Niemandslands“ beschreibt:
„Wenn jetzt die letzten unberührten Gebiete wie Amazonien zum ‚Naturerbe der Menschheit‘ erklärt werden, dann äußert sich darin nichts anderes als die seit Aristoteles beschriebene ‚Tragik der Allmende‘. Öffentliche Güter, die von allen genutzt werden, werden schnell bis an den Rand ihrer Existenz ausgebeutet und darüber hinaus. ‚Wenn ich es nicht tue, dann die anderen‘, lautet das Argument, mit dem sich Fischer, Jäger, oder Holzfäller schon immer gerechtfertigt haben.“
Albrecht widmet sich erst nach dieser etwas verwirrenden Passage der tatsächlichen Allmende und fragt unter Verweis auf Elinor Ostrom ob „Nachhaltigkeit durch lokale Selbstorganisation?“ gelingen kann und inspiriert mit der Abschlußfrage:
„Wäs wäre die Alternative? – zur Allmende, zur Nachhaltigkeit durch lokale Selbstorganisation“
„Man könnte besonders schützenswerte ‚Hotspots‘ der Biodiversität privatisieren oder verstaatlichen. Man könnte sie auch in den Rang unschätzbarer Kunstwerke erheben. Milliardäre könnten bedrohte Landstriche aufkaufen, wie es bereits in Patagonien oder in Südafrika geschieht. Dann allerdings müsste man sie auch ähnlich scharf bewachen wie die Mona Lisa oder die Goldreserven von Fort Knox. Kaum vorstellbar, dass das funktioniert. Und deshalb muss so oder ein Weg gefunden werden, biologischen Reichtum zu teilen, ohne ihn zu verschleudern.“
So ist es. Und nun geht es darum, diesen Weg, bzw. die vielfältigen Wege dahin zu genau wie möglich zu identifizieren und in konkrete Politik umzusetzen.
Foto: Blaukehlchen by Marek Szczepanek, GNU Lizenz für Freie Dokumentation und CC: BY, SA
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