Aller guten Dinge sind drei. Ich habe dieses Blog 2007 mit einer CC Lizenz eröffnet, welche attribuiert (also auf Benennung der Autorenschaft Wert legt) und das Copyleft-Prinzip anwendet, zugleich aber eine kommerzielle Nutzung untersagt.
Dann fragte ich mich: Was habe ich davon, wenn Andere mit diesen Sachen hier kein Geld verdienen dürfen? Nichts! Was haben die Anderen davon? Ärger! Was hat die Allgemeinheit davon? Wieder nichts!
Also habe ich mich vor etwa einem Jahr für eine andere CC Lizenz entschieden. Eine, die nur noch attribuiert und das Copyleft-Prinzip anwendet, aber den Nutzer_innen freistellt, was sie darüber hinaus mit den Inhalten machen. Ist doch klasse, dachte ich, wenn jemand mit dem Reden oder Schreiben über Commons auch seinen Lebensunterhalt verdienen kann – das tue ich schließlich auch irgendwie. Wenn dann noch ein paar Ideen aus dem Commonsblog dabei sind, umso besser!
Und heute erlebt der Commonsblog seinen dritten Lizenzwechsel. Denn ich fand via Keimform einen Beitrag von Hanno Böck, der sich intensiver mit den Komplexitäten der -freien- Lizensierung auseinandersetzt. Das für mich entscheidende Argument lautet:
„People should be „free“ to use stuff – not to understand the bunch of complexities from licenses.“
Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Idee des Commonsblogs ist, dazu beizutragen, dass soviel wie möglich über Commons/Gemeingüter/Allmende nachgedacht, diskutiert und gestritten wird – damit wir uns letztlich der ungeheuren Relevanz der Gemeingüter für das, was wir zum Leben brauchen, wieder bewußt werden. Das geht am besten, wenn alle mit den Inhalten dieses Blogs machen können was sie wollen! Davon bin ich überzeugt.
Natürlich freue ich mich, wenn die Autorenschaft Erwähnung findet, sofern die Commonsbloginhalte von Anderen genutzt werden. Immer gelingt das nicht (auch mir nicht, irgendwann vermischen sich die Ideen der Anderen mit den eigenen und werden zum untrennbaren Ganzen), aber oft geschieht das ohnehin. Und zwar unabhängig davon, wie ich lizensiere. Gehört zum guten Ton, sozusagen.
Seit heute stehen also alle Inhalte des Commonsblogs wirklich zur freien Verfügung (mit Ausnahme derer, die eindeutig nicht mir zuzuordnen sind, auf die ich also nur verweise und verlinke.)
Ein paar Vorteile dieser Praxis hat Hanno Böck in seinem Beitrag zusammengefasst. Hier meine Interpretation:
- Du bist mit allen kompatibel.
- Du kannst jedem die Lizenz im Handumdrehen erklären.(„Du hast die Erlaubnis, mit den Inhalten alles zu tun, was Du willst.“ )
- Dein Projekt kann in allen möglichen Wissens-Kontexten verwendet werden.
- Du machst Anwälte arbeitslos. (Das hat der CC – Gründer Lawrence Lessig schon suggeriert 🙂
Das „gemeinfrei“ im Titel steht in Anführungszeichnen, weil streng genommen in Europa die Gemeinfreiheit gar nicht möglich ist. Der Gesetzgeber zwingt uns gewissermaßen zur Unterwerfung unter das Urheberrecht. (Siehe Berner Überheinkunft) Wir haben es automatisch, für jede Kritzelei, jeden hingeworfenen Satz, jeden Blogeintrag, jedes Foto, jedes Werk. Der Gesetzgeber hat „Gemeinfreiheit als Ausgangsposition“ nicht vorgesehen. In anderen Kulturkreisen ist genau das aber noch der Fall (deshalb werden sog. Freie Lizenzen gerade in Ländern des Südens kritisiert.)
Man kann nun zweierlei tun, um diesem Zwang zu entgehen:
1. Einfach die Dinge, die man produziert ohne den eigenen Namen veröffentlichen oder
2. explizit alle Rechte abtreten. Was ich hiermit tue. … bis in vielen, vielen Jahrzehnten, die Inhalte des Commonsblogs auch juristisch gesehen gemeinfrei werden.
Kurzfassung bei Creative Commons. Mehr zu den Implikationen hier.
Bravo – find ich sehr schön, Silke!
Andrius Kulikauskas hat diese Position schon immer vertreten und auch ein sehr plausibles Argument vertreten, warum es sich mit Texten („jede Kritzelei, jeder hingeworfenen Satz, jeder Blogeintrag, jedes Foto, jedes Werk“) eben anders verhält als mit Software. Software wird kompiliert, sie bildet eine Einheit die ohne Mithilfe ihres Urhebers gar nicht leicht modifiziert und verbessert werden kann. Also muss das Copyleft ein wenig „nachhelfen“ damit der Prozess am Leben bleiben kann. Texte kann man nehmen wie sie sind und sie modifizieren. Eben.
Habe gerade nachgezogen.
@franz: Ich fürchte, ich habe das Argument nicht verstanden. Wobei muss der Programmierer/Autor etwas nachhelfen?
@reto: :-), :-), 🙂
Bisher will mir das nicht in den Kopf: Wenn jemand Inhalte produziert und diese bewusst der kapitalistischen Verwertung entziehen will, ist es seine freie Entscheidung – mir scheint es, dass Du auf eine absolute Freiheit in unfreien Verhältnissen pochst.
Klar gibt es Gründe dafür, in Einzelfällen eine kommerzielle Nutzung zu gestatten – damit z.B. ein Foto in einem kommerziell vertriebenen Medium erscheinen kann.
Aber was ist damit gewonnen, wenn viele ihre Inhalte (mit z.T. antikapitalistischer Intention) zur freien Verfügung stellen, aber andere sie wieder in die Verwertungsmaschine einspeisen?
@Silke: Der Veröffentlichungszwang für Sourcecode ist Bestandteil des Copyleft; es ist eine soziale Vereinbarung, dass derjenige der verbesserte oder modifizierte Software in Umlauf bringt den Sourcecode dazuliefern muss. Das ist der Grund warum Coipyleft sinnvoll ist, das übrigens auch kommerzielle Nutzung nicht ausschließt.
@Christian: Wenn ich meine Inhalte einer anderen Person mitteile, dann sind sie eben nicht mehr alleine meine. Das ganz grundsätzlich. Aber Public Domain ist nichts absolutes: Andrius Kulikauskas hat auch „Public Domain except as noted“ propagiert, was ich für eine komplementäre Lösung halte. Das heißt ich kann auch in einem PD Blog eine Klausel anbringen: hier ist ein anderer Umgang erforderlich (zum Beispiel weil ich in Verhältnissen von Lizensierung die Erlaubnis bekommen habe oder habe etwas Lizensiertes zu publizieren).
Drittens: Soweit ich verstanden habe war Silkes Entscheidung primär auf ihre eigenen Inhalte bezogen. Und nachdem es sich um genuin antikapitalistischen Inhalt handelt, wünsche ich der Verwertungsmaschine guten Appetit!
@Franz, kleine Ergänzung: Der Veröffentlichungszwang für den Quellcode gilt nur, sofern, die Software verbreitet wird (was du auch schreibst). Einen Zwang zur Veröffentlichung gibt es jedoch nicht in dem Sinne, dass man modifizierte Software generell wieder veröffentlichen muss — man kann sie auch bloß für sich nutzen ohne sie zu veröffentlichen. Dieser zweite Aspekt geht manchmal etwas unter.
„Die Idee des Commonsblogs ist, dazu beizutragen, dass soviel wie möglich über Commons/Gemeingüter/Allmende nachgedacht, diskutiert und gestritten wird – damit wir uns letztlich der ungeheuren Relevanz der Gemeingüter für das, was wir zum Leben brauchen, wieder bewußt werden. Das geht am besten, wenn alle mit den Inhalten dieses Blogs machen können was sie wollen!“
Warum muss der zweite Satz aus dem ersten gefolgert werden? Das Teilen von Inhalten dieser Art kann über das Mit-teilen erfolgen, sprich: Veröffentlichung und Verbreitung. Warum die Freiheit zur kommerziellen Verwertung auch damit einhergehen soll, erschließt sich mir, so wie es hier gefolgert wird, nicht.
Warum nicht so: Weil der Gedanke der Allmende einer anderen Logik als der der kapitalistischen Verwertung folgt, sind meine Inhalte – da frei im Internet abrufbar – für die kommerzielle Verwertung gesperrt. Erscheint mir stimmig…
@Christian: Du fragst: »Aber was ist damit gewonnen, wenn viele ihre Inhalte (mit z.T. antikapitalistischer Intention) zur freien Verfügung stellen, aber andere sie wieder in die Verwertungsmaschine einspeisen?«
Meine Antwort (ich nutze auch CC-Zero): Die Inhalte werden verbreitet.
@Franz: Ein Nachtrag: Ich habe von antikapitalistischer Intention (nicht Inhalt) gesprochen, daher ergibt sich mein Einwand.
@Stefan: „Die Inhalte werden verbreitet.“ Siehe dazu meine obige Antwort gegenüber Franz. Dass es berechtigte Fälle (mein Foto-Beispiel oben) gibt, kommerzielle Nutzung durch andere zuzulassen, ist nachvollziehbar. Mich stört Silkes prinzipielle Folgerung, wie schon erläutert.
Silkes Folgerung ist doch klar: Sie will »dass soviel wie möglich über Commons/Gemeingüter/Allmende nachgedacht, diskutiert und gestritten wird«. Das geht am besten ohne Einschränkungen. Und das teile ich: Primat hat die Verbreitung.
Dich stört, dass das möglicherweise in Kommerzform geschieht. Kann ich verstehen, stört mich auch. Aber ich gebe der maximalen Verbreitung den Vorrang vor dem Nicht-Kommerziellen, und das geht nur ohne Einschränkungen. Dann widerspricht möglicherweise die Form (der Weiterverbreiter) den Zielen (die ich habe: Abschaffung jeglichen Kommerzes), das kann sein. Solche Widersprüche sind unter realkapitalistischen Bedingungen unvermeidbar. Da muss man sich dann möglichst bewusst entscheiden.
Langfristig entsprechen Offenheit und Minimierung von Einschränkungen übrigens durchaus den Commons-Zielen, nämlich dann, wenn es niemand mehr nötig hat, sich zu verkaufen und zu verwerten.
@ChristianSW:
ich schrieb „Das geht am besten, wenn alle mit den Inhalten dieses Blogs machen können was sie wollen!“
ich schrieb nicht: „Das geht nur, wenn alle mit den Inhalten dieses Blogs machen können, was sie wollen.“ Für mich ist das also gar keine prinzipielle Frage, sondern eine pragmatische Entscheidung, bezogen auf die Inhalte meines Blogs.
Es gibt aber noch einen anderen Punkt: Mal abgesehen davon, dass es nicht einfach ist, das „komerzielle Interesse“ zu definieren (Beispiel: Buchdruck und -verkauf zum Selbstkostenpreis), ist es so, dass ich weder kontrollieren könnte noch wollte, was andere mit den Inhalten dieses Blogs machen. Ich möchte einfach meine Energien auf was Anderes konzentrieren.
@ Franz und Stefan; Danke für die Erläuterungen zum Copyleft bei Software!
http://0daymusic.org/