CommonsPoesie UPDATE

Vor einer halben Ewigkeit habe ich versprochen, die Übersetzung dieses Gedichts aus dem 17. Jahrhundert zu Ende zu bringen. Nun ist es endlich gelungen. Der Text entstand im Kontext der vom englischen Parlament durchgesetzten Einhegungen des Landes, der Autor ist unbekannt.

Seit vielen Monaten ziert die erste Strophe dieses Blog. Hier folgt nun das ganze Gedicht in deutscher Fassung. Zur Übersetzung haben die Leser des Commonsblogs – inbesondere Musikdieb und Christian Siefkes – beigetragen. Cool!

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Das Gesetz sperrt ein,
Männer und Frau‘n,
Die der Allmende Gänse klau‘n
Doch dem größ‘ren Schurken
es erlaubt,
Dass der Gans er die Allmende raubt.

Sühne das Gesetz befiehlt,
Für den, der andern etwas stiehlt.
Doch es verschont die Herrn und Damen,
die uns allen die Allmende nahmen.

Das arme G‘sind wird eingesperrt,
wenn zum Gesetzesbruch es sich verschwört.
Dies sei so recht; doch duldet man,
die Verschwörung, die solch ein Gesetz ersann.

Das Gesetz sperrt ein, Männer und Frau‘n,
die der Allmende Gänse klau‘n,
Doch bleibt der Gans die Allmend gestohlen,
bis wir das Land zurück uns holen.

Engl. Autor unbekannt, 17. Jhd.

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Mit 1000 Dank an Paul Helfrich und Brigitte Kratzwald für’s kreative Mitdenken

13 Gedanken zu „CommonsPoesie UPDATE

  1. Pingback: Allmende-Gedicht

  2. Hallo,
    danke für das Gedicht. Das ist super. Da ich auch gerne Gedichte mag und öfter Liedtexte von Englisch nach Deutsch übersetze, habe ich mich vom Aufruf zu weiteren Vorschlägen zur Optimierung angesprochen gefühlt und eine Version gemacht:

    Das Gesetz bestraft Männer und Frau‘n,
    die der Allmende Gänse klau‘n.
    Doch dem größ‘ren Schurken es erlaubt,
    Dass der Gans er die Allmende raubt.

    Sühne das Gesetz befiehlt,
    Für den, der and‘ren etwas stiehlt.
    Doch es verschont die Herrn und Damen,
    die uns allen die Allmende nahmen.

    Das arme Volk wird eingesperrt,
    wenn zum Gesetzesbruch es sich verschwört.
    Dies sei so recht; doch duldet man,
    die Verschwörung, die das Gesetz ersann.

    Das Gesetz bestraft Männer und Frau‘n,
    die der Allmende Gänse klau‘n.
    Und Gänse werden viel gestohlen,
    bis die Allmende sie zurück sich holen.

    Ich habe lange überlegt, wie man den letzten Vers am treffendsten ins Deutsche übersetzen kann „And geese will still a common lack till they go and steal it back.“ was ich frei etwa so übersetzen würde: „Und (gestohlene) Gänse stopfen das Loch, das durch die gestohlene Allmende entstanden ist, bis die Allmende zurückgestohlen wird.“ Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden… Eine weitere Möglichkeit wäre noch: „Doch ist die Allmende selbst gestohlen,
    stiehlt man Gänse oder muss zurück sie holen.“… naja wie auch immer.

    Gruß
    Musikdieb

  3. Pingback: musikdieb.de » Linkübersicht

  4. Pingback: Eigentümliches Eigentum « Adventures in German Social work

  5. @Silke und Musikdieb: Sehr schöne Übersetzungen, danke!

    @Musikdieb: Der letzte Satz „And geese will still a common lack / Till they go and steal it back“ bedeutet wörtlich: „Und den Gänsen wird weiterhin die Allmende fehlen, bis sie [die Gänse oder die Männer und Fraun??] sich aufmachen, sie [die Allmende] zurückzustehlen.“

    Deine Übersetzung passt also nicht, Silkes „Arme“ kommen im Original allerdings auch nicht vor. Ich hätte noch die Ide:

    Das Gesetz bestraft Männer und Frau‘n,
    die der Allmende Gänse klau‘n.
    Doch bleibt den Gänsen die Allmend gestohlen,
    bis wir das Land zurück uns holen.

  6. @ alle: Großartig. Sobald ich wieder zu Hause bin überlege ich mal in Ruhe eine neue Version,die das m.E. Beste aus allen Vorschlägen zusammenfügt.
    Christian hat recht, Musikdieb – Dein Vorschlag für die letzte Strophe war sachlich nicht ganz richtig. Aber ansonsten waren klasse Ideen dabei. DANKE!

  7. Hmm, seid ihr euch da sicher? Ich dachte zuerst auch, der letzte Reim bedeutet „Und den Gänsen wird weiterhin die Allmende fehlen“, wie Christian Siefkes sagt. Aber dann kam mir das grammatikalisch komisch vor und ich habe genauer drüber nachgedacht.

    „Lack“ ist sowohl ein Verb als auch ein Substantiv, „still“ kann außer adjektiv/adverb auch ein Verb sein. Wenn es heissen soll, „Und den Gänsen wird weiterhin die Allmende fehlen“, müsste es doch im englischen heissen „and the geese will lack the common still“ und nicht umgekehrt.

    „And geese will still a common lack“ würde exakt wörtlich übersetzt bedeuten: „Und Gänse werden befriedigen ein Allmende Fehlen“ bzw. etwas freier „Und Gänse werden das Fehlen der Allmende befriedigen“. Ich halte das immer noch für logischer als eure Übersetzung. Ich werde mal eine Bekannte fragen, die als Übersetzerin arbeitet und englische Muttersprachlerin ist…

  8. Hallo,
    ich favorisiere derzeit diese Fassung (von allem das Beste :-)) und fände es klasse, wenn der letzte Vers noch inhaltlich geklärt werden kann. Ich bin mir alles andere als sicher, hatte es zuerst auch so verstanden wie Christian, finde aber Deine Anregung, Musikdieb, richtig gut.
    Ob die Satzstellung im Englischen des 17. Jhd schon in allen Punkten genauso war wie heute (und das noch in einem Gedicht), wage ich zu bezweifeln. Aber davon abgesehen – inhaltlich macht Deine Variante einfach sehr viel Sinn. Ja, frag mal Deine Bekannte!

    Schöne Grüße
    Silke

    Das Gesetz sperrt ein,
    Männer und Frau‘n
    Die der Allmende Gänse klau‘n
    Doch dem größ‘ren Schurken
    es erlaubt,
    Dass der Gans er die Allmende raubt.

    Sühne das Gesetz befiehlt,
    Für den, der andern etwas stiehlt.
    Doch es verschont die Herrn und Damen,
    die uns allen die Allmende nahmen.

    Das arme G‘sind wird eingesperrt,
    wenn zum Gesetzesbruch es sich verschwört.
    Dies sei so recht; doch duldet man,
    die Verschwörung, die solch Gesetz ersann.

    Das Gesetz sperrt ein, Männer und Frau‘n,
    die der Allmende Gänse klau‘n,
    Doch bleibt der Gans die Allmend gestohlen,
    bis wir das Land zurück uns holen.

    Engl. Autor unbekannt, 17. Jhd.

  9. @Silke: das klingt gut!

    Ich hatte über Nacht auch noch eine Alternatividee für den letzten Satz, die näher an den Verben des Originals (so wie ich sie verstehe) bleibt (lack = fehlen, steal = stehlen):

    Doch wird den Gänsen die Allmende fehlen,
    bis wir das Land zurück uns stehlen.

    Aber die jetzige Fassung ist auch gut.

    Zur inhaltlichen Diskussion: Musikdieb, du hast recht, das wäre eine denkbare Fassung. „common“ wäre dann ein Adjektiv: „And geese will still a common lack“ = „Und Gänse werden einen allgemeinen/weitverbreiteten Mangel stillen/befriedigen“. Ich glaub’s allerdings nicht, denn im Rest des Gedichts wird „common“ 3x als Substantiv (die Allmende) verwendet, aber kein einziges Mal als Adjektiv.

    Außerdem würde ich dann zu Beginn des Satzes statt des „and“ ein „but“ erwarten: „The law locks up the man or woman / Who steals the goose from off the common. But geese will still a common lack…“ Sinngemäß: DOCH da die gestohlen Gänse nur einem allgemeinen Mangel abhelfen, werden sie weiterhin gestohlen werden. Da steht aber „and“, deshalb scheint kein so direkter Bezug auf den vorigen Satz intendiert zu sein.

    Was die ungewöhnliche Satzstellung betrifft (Verb hinter dem Objekt), halte ich das für dichterische Freiheit. Tatsächlich gibt in dem Gedicht noch ein zweites Beispiel dafür: „If they conspire the law to break“ statt „If they conspire to break the law“.

  10. Pingback: The Goose and the Commons — keimform.de

  11. Also die Bekannte lässt Grüße ausrichten und meint, ihr habt wahrscheinlich recht, es heißt „And geese will still lack a common until they steal it back“ und dass „lack“ hinten steht ist dichterische Freiheit… Naja, da habe ich wohl mal wieder zu weit gedacht.

    Die letzte Version ist super! 🙂

  12. Pingback: musikdieb.de » Commons Poesie

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