Nach dem Dresdner Christstollen gehen nun auch mit dem Schwarzwälder Schinken die Gäule durch: Der Verpackungsort von Schinken sei dem Verbraucher zwar Wurst, so vermeldet die Tagesschau, nicht aber dem Schinken. Schwarzwälder Schinken, so zitiert das Medium das Bundespatentgericht in München, muss künftig nicht nur im Schwarzwald hergestellt werden, sondern auch dort geschnitten und verpackt werden. Das Gericht hat wohl auch eine Lösung diskutiert, bei der ein Schinken zunächst vom Schwarzwald nach Norddeutschland gefahren und dort geschnitten wird, anschliessend zurück in den Schwarzwald zur Kontrolle transportiert werden muss, bevor er dann wieder nach Norddeutschland runter verfrachtet werden kann, um dort verkauft zu werden. Man könnte nun stundenlang über die Fürs und Widers des Schutzrechteirrsinns und der Ressourcenverplemperung diskutieren, die hier betrieben wird – weil sonst der Schwarzwälder Schinken dem Untergang geweiht sei … aber mir ist das zu blöd. Ich kenne eine sehr viel einfachere und effizientere Lösung: Ein Schinken darf sich nur dann Schwarzwälder Schinken nennen, wenn er im Schwarzwald gegessen wird. Ich wette mal, das funktioniert! Denn wer wäre so blöd und würde seinen Parmaschinken in den Schwarzwald transportieren, um ihn dort als Schwarzwälder Schinken zu verzehren? Das macht doch überhaupt keinen Sinn. Und die Norddeutschen? Na die können doch einen leckeren Friesenschinken oder Wattschinken essen und schneiden und die Würzburger den berühmten Würzburger Schinken … . Ist noch nicht berühmt, der Würzburger Schinken? Na dann muss er sich eben ein bisschen Mühe geben, der Schinken. Ob die Chinesen uns dann mit Schwarzwälder Schinken aus Schanghai überfluten und damit unsere traditionelle Handwerkskunst zerstören?
Ich fürchte fast, die Antwort lautet NEIN, denn der Schwarzwälder holt den Schinken lieber vom Nachbarn nebenan. Da weiss er, was er hat. Und den Chinesen ist der Schwarzwaldmarkt entweder zu klein oder völlig unbekannt.
Und was ist mit den Wiener Würstchen, dem Wiener Schnitzel, den Frankfurter Würstchen, den Nürnbergern und den Hamburgern? Sollte in Zukunft jeder Hamburger auf der Welt von einem in der Innenstadt von Hamburg grasenden Rindviech abstammen?
Was passiert nun eigentlich, wenn die Schwarzwälder nun eine Schwäbisch-Hällische Sau zu Schinken verarbeiten – ich meine nach der derzeitigen Regelung – und zum Pökeln Chilenischen Salpeter benutzen? Ist das dann ein Multikulti-Schinken oder muss er dazu in Strasbourg verpackt und in Basel aufgegessen werden?
Ich glaube, das ist mir alles viel zu kompliziert. Ich kaufe morgen einfach einen geräucherten Schinken, vom Metzger in München. Basta! Denn der Punkt ist ja der: Wenn ein Metzger seine Handwerkskunst pflegt und einen guten Schinken macht, statt sich zum Fabrikwurstverkäufer zu kastrieren, dann wird er Erfolg haben. Ob mit oder ohne Brief und Siegel. Denn auf ein direktes Vertrauensverhältnis zwischen Hersteller und Verbraucher kommt es an und nicht darauf, dass man ganz sicher auch in Shanghai einen echten Schwarzwälder Schinken kaufen kann.
PS: Die Geschichte begeistert die Presse, die sich begehrlich darauf stürzt. Die Süddeutsche Zeitung bleibt sehr nüchtern. Spiegel Online berichtet, entscheidend sei der Schneide- und Verpackungsort. Was das Schwein frisst, sei egal. Laut Die Welt wollen die Münchner ihren Obazda und vielleicht auch Bier schützen. Aus dem sehr informativen Bericht in der Stuttgarter Zeitung erfährt man unter anderem, dass eine Schneideanlage 500.000 Euro kostet. Die Badische Zeitung vergleicht ausführlich den Schwarzwälder mit dem Parmaschinken usw. …