Deutsche Bahn: Zeit für den roten Punkt!

Trotz aller Sympathie für Öffentliche Verkehrsmittel ist für mich die Deutsche Bahn ein chronischer Alptraum: Egal ob es sich um unsinnige milliardenschwere Bahnhofsprojekte oder um defekte Klimaanlagen, um überfüllte und verspätete Züge, um verstopfte Zugtoiletten oder um atemberaubende Preise handelt, um unverschämte Zugbegleiter oder unbegreifliche Fahrkartenautomaten, die mich als Vielfahrer den letzten Nerv kosten … es ist im Grunde unmöglich, sich nicht andauernd über irgend etwas aufzuregen, was schlussendlich ja auch gesundheitsschädlich sein wird.

Dann schlägt mir jemand eine Alternative vor: Wenn mein Sohn mit seiner Bahncard 25 von Stuttgart nach München fahren will, dann könnte er dies für 79,50 Euro mit der Deutschen Bahn tut (ich habe mal wieder vergessen, rechtzeitig eine Fahrkarte zu besorgen. Oder er könnte dieselbe Strecke mit www.deinbus.de für 30.- Euro fahren – was immerhin 49.50 Euro Preisunterschied sind. Ich bin begeistert und erkunde die mir heute empfohlene Webseite der drei Friedrichshafener Jungunternehmer Alexander Kuhr (27), Ingo Mayr-Knoch (26) und Christian Janisch (28).

Und welche Narrenfratze grinst mir dort feixend entgegen? Die Deutsche Bahn mit einer Unterlassungsklage:

Deutsche Bahn gegen DeinBus.de –

kommt die Busmitfahrzentrale auf das Abstellgleis?

Das ist ein ganz fieser Zug der Deutschen Bahn: Mit einer frechen Unterlassungsklage versucht der Staatskonzern, DeinBus.de zu stoppen, um sich vor Wettbewerb und einer erfolgreichen neuen Transportalternative zu schützen. Die juristischen Argumente, die die Bahn in ihrer Klage aufführt, sind dabei so wie die Klimaanlagen ihrer ICEs: Sie funktionieren nicht, aber sie bringen uns dennoch zum Schwitzen.

… steht auf der Webseite geschrieben.

Mit fällt dabei wieder ein, dass spätestens nach Stuttgart 21 endlich eine neue Welle von Aktionen Roter Punkt fällig wäre, mit denen in den 60er und 70er Jahren in vielen Städten der Bundesrepublik gegen Fahrpreiserhöhungen im Öffentlichen Nahverkehr protestiert worden war. Es wird allerhöchste Zeit, diese Aktionen auch mal unter der Commons-Perspektive zu betrachten. Auf jeden Fall würde ich mich aber wünschen, dass die Petition des winzigen Konkurrenten der Bahn zum Schutz gegen den Monopolisten des Alptraums auf Rädern heftige Unterstützung findet!

PS: Gerade sehe ich, dass die Geschichte schon etwas älter ist. Die Klage der Bahn wurde inzwischen abgewiesen. Das ändert aber nichts an meinen Gedanken hierzu.

8 Gedanken zu „Deutsche Bahn: Zeit für den roten Punkt!

  1. Wäre allerdings auch eine andere Art der Privatisierung, oder? Interessant wäre ein Vergleich von Ökobilanzen von Linienbussen und Schienenverkehr uner Einschluss von Streckenbau und -unterhaltung.

    Gruß hh

    • Ich bin nicht sicher, ob ich das Konzept für der Weisheit letzten Schluss halte. Für mich ist es eher ein Lichtblick im Sinne einer potentiellen Commons-Idee: Bürger organisieren ihre Ressourcen selber.
      Wie und ob daraus ein Commons werden könnte?

    • Gerade lese ich im Blog von deinbus.de, dass die Bundesregierung eine Liberalisierung des Busfernverkehrs in Erwägung zieht. Bei dem Begriff „Liberalisierung“ sträuben sich mir die Nackenhaare, spätestens sobald der Begriff aus dieser Ecke kommt. Das verheißt nichts Gutes, wobei die Bahn ja längst kein Betrieb im öffentlichen Interesse mehr ist, sondern ein Selbstprivatisierungsmonstrum. Was übrigens die Ökobilanz anbetrifft, so muss auch die Geschwindigkeit mit einbezogen werden – denn der Luftwiderstand erhöht sich mit dem Quadrat des Tempos, oder? Schwer vorstellbar, wie eine 300 km/h schnelle Bahn noch energiesparend fahren soll. Aber ich lasse mich gerne belehren.

    • Meine Erfahrungen mit der schweizerischen SBB sind ohnehin nur positiv. Aber bevor die Deutsche Bahn oder die Deutsche Politik etwas von der belächelten kleinen Schweiz zu lernen imstande sind, lernt mein Hund reden wie ein Papagei.

      Ist der Artikel nicht herrlich?

      Nicht zufällig wurde das Schweizer Modell in einem Bürgerentscheid geboren. Vor Fahrplanänderungen gibt es stets offizielle Bürgerberagungen. Dr. Benedikt Weibel, langjähriger Chef der Schweizerischen Bundesbahnen, nutzt seit langem die vielfältigsten Instrumente, damit Schweizer Bürger die Bahn als ihre Bahn empfinden. Dementsprechend ist die gesellschaftliche Wertschätzung für die SBB weit höher, als man es sich in Deutschland überhaupt vorzustellen vermag. Dazu trägt sicher auch die sprichwörtliche Pünktlichkeit der Schweizer Züge bei (2005: 97%). Privatisierungskonzepte wie im Nachbarland Deutschland erachtet Dr. Weibel für die Schweiz als ungeeignet. Die Schweizer Bahn habe eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, sie hole massiv Verkehr von der Straße auf die umweltverträglichere Schiene. Ein ausschließlich renditeorientiertes Unternehmen könne dies sicher nicht so effektiv. Übrigens sei die SBB ja eindeutig effektiver und für die Steuerzahler kostengünstiger als etwa die privaten Bahnen in England.

      Quelle: http://www.bahn-unterm-hammer.de/index.php?option=com_content&task=view&id=11&Itemid=42

      • „Ist der Artikel nicht herrlich?“

        Ja, lässt mich wieder daran denken: Man muss sich die Aneignung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft als einen – allmählichen – geschichtlichen Prozess vorstellen 😉

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