& Stefan Tuschen:
Mit tropischen Klischees hat sie wenig zu tun. Unsere Reise dauert etwa sechs Monate, spielt sich vor allem im Kopf und auf dem Bildschirm ab und ist anregend. Im Juni dieses Jahres wird in Rio de Janeiro die UN Konferenz über nachhaltige Entwicklung stattfinden – und zwar 20 Jahre nachdem sich die Weltgemeinschaft 1992 an gleicher Stelle zur UN Konferenz über Umwelt und Entwicklung traf. Im sprachökonomischen Fachjargon ist deshalb von „Rio+20“ die Rede. Damals, 1992, verabschiedeten sich die UN quasi von den Commons: Das Prinzip des Gemeinsamen Erbes der Menschheit (Common Heritage of Mankind), wurde – trotz Fürsprache unter UN-Diplomaten – nahezu vollends zugunsten staatlicher Souveränität aufgegeben.
Paradebeispiel dafür ist …die Konvention über die biologische Vielfalt (CBD), eine der drei Rio-Konventionen. Vielen erschien es wie ein Fortschritt, dass die Vielfalt unserer natürlichen Ressourcen nun den Nationalstaaten gehören sollte. Im Rahmen des üblichen Entweder-Oder-Denkens (Staat vs. Privat) ist das nachvollziehbar. Doch man stelle sich die Selva Lacandona in Südmexiko vor. Man stelle sich vor, dieses weitgehend von Indígenas bewohnte Gebiet bliebe den Entscheidungen und Entwicklunngsvorstellungen der mexikanischen Regierung vorbehalten. Da schleicht sich Unbehagen ein. Großes. Tatsächlich kollidiert das Konzept der nationalen Souveränität mit jenem der Commons (schon deshalb weil die Grenzen der Commons selten nationalstaatlichen Grenzen entsprechen).
20 Jahre nach besagter UN-Konferenz sollen nun die Commons, ebenso wie die Weltkonferenz, nach Rio zurückkehren. Im Gegensatz zu damals findet sich die große Zahl ihrer Fürsprecher allerdings in den sozialen Bewegungen und weniger unter UN Diplomaten. Daher werden Commons auch (Querschnitts-)Thema des Peoples‘ Summit sein, der parallel zur UN-Konferenz stattfindet. Im vor einigen Tagen veröffentlichten Zero Draft des Abschlussdokuments spielen sie jedenfalls keine Rolle. Und vermutlich wird das bis zur letzten Version des Abschlußdokuments so bleiben. Aber es kann gelingen, die Commons als Denkansatz mit vielen der in Rio+20 präsenten sozialen Bewegungen und internationalen Organisationen zu diskutieren und zwar als Alternative zu beidem: zum gegenwärtig dominierenden Wirtschaftsmodell und zur Green Economy, die in Rio geadelt werden soll.
Auf unserer 6-monatigen Reisen machen wir zunächst im südbrasilianischen Porto Alegre hat. Dort gibt es kommende Woche das Thematische Sozialforum, mit zahlreichen Arbeitsgruppen – eine dazu zu Commons. Geplant sind vier Arbeitseinheiten:
1. Weniger Gipfel, mehr Commons (Menos Cumbres, más Commons!) Commons als alternatives Paradigma und nicht als „gemeinsame Ressource“ auf dem Weg nach Rio+20
2. Prinzipien der Commons und des Commoning für Gemüsegarten und Hackerspace (Ihr könnt uns glauben, im Spanischen funktioniert dieser Titel besser 😉 )
3. Die Spielregeln ändern – Commons, Commons-basierte Peer-Produktion und die neuen Subjekte des sozialen Wandels
In der letzten Einheit sollen die Ergebnisse nochmal diskutiert und zu Textbausteinen / Botschaften zusammengefasst werden. Das ist für den weiteren Forumsprozess sowie die Rio+20 Vorbereitungen von Belang, in dem wir gefordert sind, all den Arbeitsgruppen, die sich mit einzelnen Aspekten (Soziale Gerechtigkeit, Wissenschaft, Kommunikation u.v.m) auseinandersetzen, einfach und schlüssig zu erklären, warum und wie Commons unsere verschiedenen Anliegen verbinden.
Im Weltsozialforum spielen Commons schon seit einiger Zeit eine Rolle: 2009 entstand in Belém (Paraná; Brasilien) der Aufruf zur Wiederaneignung der Gemeingüter. Auch zwei Jahre darauf in Dakar, Senegal stand das Thema Commons auf der Agenda des Weltsozialforums. Über das Forum in Porto Alegre und die dortigen Commons-Aktivitäten werden wir hier in den nächsten Tagen berichten.
Kann dieses Rio+20.Bashing nicht nachvollzehen. Argmente kann ich auch keine erkennen. Nationalstaaten sind beileibe keine Hirngespinste, die man sich per voraussetzungslosem „Umdenken“ einfach nur aus dem Kopfe schlagen muss um die Welt dann in ein Common-Gespinst zu verwandeln. Mir kommt das alles sehr katholisch vor (unbefeckte Empfängnis des Weltgeistes).
Gruß hh
Rio+20 Bashing? Äh, hier wurde ein Arbeitsprogramm für das FST vorgestellt und kein Essay über die Green Economy, wenn also überhaupt, dann Green Economy Bashing und darin – mit Verlaub – haben die „Nationalstaaten“ (so sie als solche noch eine Rolle spielen, denn konkret geht es um die EU, die dieses Konzept vorantreibt + ein paar Verbündete) nunmal die Rolle der Steigbügelhalter für die nächste Welle der Einhegung und Finanzialisierung der Natur.