Rio+20: Nein zur geo-engineerten „Grünen Ökonomie“

Pat Mooney/ ETC Group am 26.01.2012 auf dem Thematischen Sozialforum in Porto Alegre:

Mitschrift, Übersetzung und Bearbeitung: Silke Helfrich

Heute wird uns gesagt: Du kannst in jeder Großstadt der Welt 10 Milliarden verschiedene Produkte kaufen. Die Industrie fertigt diese aus 10 Millionen verschiedenen Materialien, die zurückgehen auf 10 Tausend chemische Produkte. Und all dies geht zurück auf nur gut 100 Elemente der Periodentabelle (es gibt natürlich mehr, aber die übrigen sind kaum von kommerzieller Bedeutung, Quelle).

Die Ökonomie zu kontrollieren bedeutet also, Wissensmonopole zu schaffen und diese gut 100 Elemente der Periodentabelle zu kontrollieren. Und wenn Du den lebenden Teil der Natur kontrollieren willst, dann ist es noch einfacher: Du brauchst lediglich die 4 Elemente der DNA zu kontrollieren: AGCT

Zwischen Rio 1992 und Rio+20, das nun vor uns liegt, ist das möglich geworden.

Die Industrie kann also heute recht einfach die Natur kontrollieren. Sie muss nur die so genannten Intellektuellen Eigentumsrechte über diese 4 bzw gut 100 Elemente kontrollieren. Es gibt heute einzelne Patente, die 33 Elemente der Periodentabelle betreffen (z.B: US Patent 5 897 945 – S.H.). Ein Patent betrifft dann tatsächlich alle Bereiche der Ökonomie. So funktioniert Kontrolle auf Nanoebene.

Mit dem Erdgipfel in Rio 1992, hat es der Kapitalismus geschafft, sich Zugang zu allen Elementen der Natur zu verschaffen, die damals zugänglich waren. Damals waren das 23,4 % der Biomasse, aus denen man Gewinne erzielen konnte. Mit den neuen Technologien ist nun möglich geworden, auch den Rest zu kommodifizieren. Die übrigen 67,6%.

Mit Nanotechnologie, Biotechnologie und synthetischer Biologie usw geht das. Sie sind in der Lage, Biomasse in alle möglichen Produkte (Plastik, Bioenergie usw) zu verwandeln. Wenn sie also über Green Economy reden, dann reden sie über die Kontrolle jenes Teils der Biomasse, der 1992 noch nicht kontrolliert werden konnte.

Das war die Kontrolle von unten, von der Ebene der Elemente aus gedacht.

Schauen wir uns nun die Kontrolle von oben an.

Angesichts des Klimawandels haben wir die Wahl: Entweder unsere Konsumgewohnheiten ändern sich oder – und das würde die Industrie bevorzugen – wir ändern den Planeten.
Heute gibt es dazu Debatten in Kanada, Europa, den USA, die man kaum glauben kann. Die Tendenz ist folgende: Wir müssen uns nicht für das, was gegenwärtig geschieht, verantwortlich fühlen. Wir können weitermachen wie bisher. Wir brauchen einfach nur das Thermostat des Planeten anzupassen. Dieser Prozess nennt sich Geo-Engineering. Wenn ich vorher die Biopiraterie beschrieben habe, so rede ich also jetzt über Geopiraterie. Solche Debatten werden heute u.a. im Bundestag geführt. (Blog über die laufenden Entwicklungen im Bereich Geo-Engineering).

Was ich nun kurz beschreiben werde, klingt absonderlich. Aber es wird in der Akademie der Wissenschaften der USA und GB tatsächlich so diskutiert. Sie schlagen vor, dass wir die Oberfläche des Ozeans verändern, so dass er mehr Kohlendioxid aufnehmen kann. Sie finden, man könne die Planktonmenge in den Ozeanen ändern. Seit 1992 (nicht vorher, nicht vor Rio92) haben die Regierungen 12 größere „Düngungprojekte“ der Ozeane durchgeführt (u.a. das LOHAFEX-Projekt – S.H.). Die meisten sind gescheitert. Aber sie machen weiter. Der letzte Versuch bezog sich auf 50.000 Quadratkilometer.

Der populärste Vorschlag, der von der britischen Regierung kommt ist, die Stratosphäre selbst zu ändern und damit die Strahlungsbilanz der Erde. Sie wollen eine Art künstlichen Vulkan schaffen, denn bei einem Vulkanausbruch gelangt viel Schwefeldioxid in die Atmosphäre und das wollen sie nachmachen.

Man muss sich das so vorstellen, als würden sie 100 riesige, kilometerhohe Schlote errichten, die Aerosole (z.B: Schwefeldioxid) in die Atmosphäre blasen, so dass sie die Sonneneinstrahlung einschränken können. Das sollte letztes Jahr eingeführt werden, aber es gab viel Protest, dh. die Regierungen sagen, dass sie nun noch einmal darüber nachdenken wollen.

So etwas ist sehr billig. Ca 50 Mio Dollar im Jahr. Das ist für sie billig, denn sie müssen den Süden nicht kompensieren und sie können mit dem Industriemodell weitermachen wie bisher. Aber das wird große klimatische Veränderungen mit sich bringen.

Und sie müssen sich für diese Experimente keine Erlaubnis der Vereinten Nationen holen. Der nordamerikanischen Kongress sagt, dafür brauche man nur einen „Koalition der Willigen“ .

Sie wissen, dass das funktioniert, schließlich haben sie uns auf diese Weise auch in diese Situation gebracht. Und die, die uns in diese Situation gebracht haben sagen nun: „Keine Sorge, wir finden schon eine technische Lösung“.

Es muss eine klare Botschaft an die Regierungen geben, dass sie nicht den Planten „geo-engineeren“ können und die Biomasse dieser Erde nicht nur ein Rohstoff zur Verwertung ist.

Dankeschön!

9 Gedanken zu „Rio+20: Nein zur geo-engineerten „Grünen Ökonomie“

  1. Naja, die Gleichsetzung von „Green Economy“ und „Geo.Engineering“ ist schon etwas abenteuerlich, oder? Es könnte nicht schaden, die Dinge etwas mehr von ihren Entwicklungspotenzialen her zu betrachten. „Den“ Kapitalismus als mit eigenem Geist beseelten Dämon vorzustellen, als einen offenbar verschlagenen Riesen, gegenüber dem wir arme Menschlein in der unert(r)änigen Passivform (Leideform!) verharren müssen, (denen dies und das „erzählt wird“), finde ich nicht so vorwärts treibend.

    • Vielleicht ein Wort zum Kontext: Was ich hier wiedergebe ist eine Rede in Vorbereitung zu einer der (hoffentlich) größten Mobilisierungen, die Rio gesehen hat. Es geht um Rio+20 (deswegen haben ich das in den Titel genommen). Wer sich mit dem Prozess der Verwertung natürlicher Ressourcen in den letzten 20 Jahren und mit dem befasst, was für Rio+20 jetzt auf dem Tisch liegt (einfach mal den zero-draft der UN durchlesen), der wird verstehen, dass die Green Economy von der da – beschwörend – die Rede ist, Geo-Engeneering durchaus beinhaltet.
      Pat Mooney geht es darum, das zu zeigen. Und mir ging es darum zu zeigen, was das Erschlag-Wort von den „Intellektuellen EIgentumsrechten“ mit der Kontrolle natürlicher Ressourcen zu tun hat.

  2. Leider ist das nicht so abwegig – derzeit regieren Konzerne, nicht Politiker oder gar „die Menschen“. Monsanto und Konsorten bedrohen alle „normalen“ Landwirte, machen ihre Kunden abängig von sich (Ein Modell, das ganz beliebt ist, siehe Apple) usw.
    In einer anderen Sparte ist die Verwertungsindustrie von Kulturgütermonopolen (der Komplex, der euphemistisch „geistiges Eigentum“ genannt wird.), die massivst unser aller Bürger- und zum Teil Menschenrechte bedrohen. Vor zehn Tagen erst wurden die Entwürfe SOPA udn PIPA nach riesigem Protest erst einmal vom Tisch gefegt (und die MPAA glaubt immer noch, das war google).
    ACTA aber ist gerade von 22 EU-Ländern unterschrieben worden. Ein Vertrag so geheim, dass nicht mal die EU-Abgeordneten reinsehen durften, unter Umgehung der extra dafür errichteten internationalen Gremien (da gibts nämlich wenigstens etwas Transparenz) und unter Ausschluss der der Drittweltländer (über die dann das Monopol der US-Konzerne ausgeweitet werden soll, auch auf medizinischem Gebiet)…
    Angeblich hat der Vertrag kein Einfluss auf unser Recht. (Aber warum gibts den dann überhaupt?) Führende Rechtsprofessoren widersprechen vehement. Was genau der Vertrag bedeutet weiß immer noch keiner. Die abschließenden Formulierungen sind nämlich extrem schwammig, und was die wirklich bedeuten geht nur aus den Protokollen hervor – die bis jetzt keiner außerhalb der Verhandler (hauptsächlich Unternehmen) gesehen hat.

    • eben eben… das gehört alles zusammen. Aber leider ist es immer noch so, dass die Ökos denken, SOPA und PIPA und AcTA habe irgendwie nicht viel mit ihnen zu tun und umgekehrt würde die Wikimedia nie einen Blackout für einen Stop des Geo-Engineering machen.

      • Hm, Gedanke: Der gemeinsame Aufhänger ist tatsächlich sowas wie Klassenkampf – aber nicht mehr „Untertan“ gegen „Monarch“ oder „Arbeiter“ gegen „Kapitalist“, sondern „Konzerne“ gegen „alle anderen“.
        —-
        Ich sitz hier gerade im Piratenmumble. Extrem kurz: Am 11.2. gibts in vielen Ländern ACTA-Proteste. Je mehr kommen, desto besser für *alle* – es muss gezeigt werden, dass Verträge, die demokratiche Prinzipien mit Füßen treten, nicht akzeptiert werden.

      • @LennStar: Willst du die Widerstandsbewegungen von Bauern im Mittelalter diskreditieren oder den Verdienst von Linken, die sich z.B. dem Faschismus im dritten Reich entgegengestellt haben? Wenn „alle anderen“ zusammenhalten sollen, dann hört doch bitte endlich mit der Sektiererei auf und versucht nicht ständig, auf Teufel komm raus, vermeintliche politische Konkurrenten plattzumachen!

  3. Pingback: musikdieb.de » Nein zu Geo-Engineering!!!

  4. Im Zusammenhang mit Rio+20 finde ich die auf dem Netzwerk21-Kongress verabschiedete „Erklärung von Hannover“ interessant. Bemühungen, die Commons-Perspektive zu puschen sollten vielleicht daran anknpfen z.B. an dem folgenden Satz:

    „Der Ausbau erneuerbarer Energien schafft regionale Wertschöpfungsketten, die es weiterzuentwickeln gilt. Wirtschaften der Zukunft wird nicht ohne neue Nutzungskonzepte und Dienstleistungsangebote, solidarische Formen wie Genossenschaften und eine neue Wertschätzung öffentlicher Güter auskommen.“

    http://rioplus20kongress.de/erklaerung.html

  5. Pingback: Rio + 20 Lesezeichen « mehr (Öko-)Kommunismus wagen :-)

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