Aussage gegen Aussage: Verteidigung der Commons und der Green Economy

von Stefan Tuschen

Achim Steiner, Direktor von UNEP und einer der Väter der Green Economy, gab sich gestern Abend auf dem Peoples Summit die Ehre. Dort musste er ausgerechnet unter dem Banner „In Verteidigung der Commons und gegen die Kommodifizierung“ Platz nehmen. Anmerkung dazu: UNEP hatte auf der Website zum Weltumwelttag mit der Tragik der Allmende für die Green Economy geworben. Und auch beim McPlanet im Mai in Berlin hatte sich Achim Steiner auf die Tragik der Commons bezogen, obwohl UNEP zuvor die Referenz auf der Website als Missverständnis erklärt und angeblich entfernt, tatsächlich nur auf eine weniger sichtbare Seite verschoben hatte. Denn so ganz falsch findet Herr Steiner die Hardinsche Idee wohl doch nicht.
Bevor der UNEP-Chef aber zur Verteidigung der Green Economy ansetzen konnte, musste er sich zunächst der Kritik verschiedener Stimmen der sozialen Bewegungen stellen: Die Green Economy verspreche nichts neues – außer neuen Märkten und neuen Technologien. Für die Indigenen bedeute eine echte Green Economy Nein zum Bergbau, Nein zur Erölförderung und Nein zum Holzeinschlag. Die Green Economy, die UNEP vorschlage trage dagegen das grün der Dollarscheine und nicht das des Amazonas.

Nachdem er den Zuhörern wärmstens empfohlen hatte, doch mal den ganzen Green Economy Report zu lesen – dann würde man auch viele positive Dinge entdecken -, versuchte Herr Steiner seinen „Freunden“, wie er das Publikum mehrfach ansprach, zu erklären, dass Green Economy nicht notwendigerweise eine kapitalistische Ökonomie meine. Es habe sich ja schließlich gezeigt, dass Nachhaltigkeit über den Markt offenbar nicht herzustellen sei. Da fragt sich der geneigte Zuhörer allerdings, warum es in der Green Economy dennoch darum gehe – so Steiner-, der Natur AUCH einen ökonomischen Wert zuzuschreiben – aber natürlich AUCH, und nicht nur. Er könne sich z.B. vorstellen, dass die Verabschiedung von Naturschutzgesetzen ein ebenso wichtiger Bestandteil der Green Economy sein könnte. Wenn nicht der Markt, dann der Staat – Ansätze die darüber hinaus gehen, also echte Alternativen sind bei UNEP scheinbar undenkbar. Was Steiner vorschwebt setzen die Brasilianer – echte Pioniere der Green Economy – mit ihrer Grünen Börse wunderbar um. Denn die behauptet, mit dem Handel von Umweltassets zur effektiveren Umweltgesetzgebung beitragen zu können.

Pat Mooney von der ETC-Group, der die zweite Runde zivilgesellschaftlicher Stimmen einleitete, hielt Steiner zugute, dass er den Dialog mit der Zivilgesellschaft suche. Denn die Frage, wie sie im fernen Konferenzzentrum gestellt werde, warum die Zivilgesellschaft unten in der Stadt, abseits der Verhandlungen diskutiere, müsse genau andersherum gestellt werden: Warum sind die Regierungen nicht auf dem Peoples Summit? Die Verhandlungen seien total entkoppelt, während auf dem Peoples Summit diejenigen versammelt sind, die das Verhandlungsergebnis hinterher auszubaden hätten. Wir wollen nicht nur angehört werden und am Dialog partizipieren, wir wollen wirklich teilhaben und mitverhandeln, so der Gewerkschaftsvertreter auf dem Podium. Und: Die notwendige Frage nach den Grenzen des Wachstums und der Veränderung des Konsummodells werde von der Green Economy überhaupt nicht gestellt. Das Kernproblem von Rio 1992 sei, so Pablo Solon von Focus on the Global South, dass man die Menschheit in den Mittelpunkt gestellt habe. Doch Mensch und Natur seien untrennbar miteinander verbunden. Dieser Fehler werde aber nicht dadurch behoben, dass nach dem Humankapital nun das Naturkapital auf den (Finanz-) Markt getragen werde. Wir wollen nicht mehr vom Kapitalismus – wir wollen einen echten Wandel!

Beim Peoples Summit geht es nun darum, die Commons als Motor für den Wandel in die Erklärung zu bekommen, die dann am 20. Juni dem offiziellen Gipfel übergeben werden soll.

[… Jetzt sehe ich gerade, dass die ganze WED-Seite von UNEP nur so wimmelt von der Tragik der Allmende! Offenbar wurde die Referenz nur auf der englischen Seite über Green Economy entfernt, nicht so auf der spanischen oder der französischen …]

Mehr zur Debatte mit Achim Steiner gibt es u.a. hier und hier und hier.

4 Gedanken zu „Aussage gegen Aussage: Verteidigung der Commons und der Green Economy

  1. „UNEP hatte auf der Website zum Weltumwelttag mit der Tragik der Allmende für die Green Economy geworben. Und auch beim McPlanet im Mai in Berlin hatte sich Achim Steiner auf die Tragik der Commons bezogen, obwohl UNEP zuvor die Referenz auf der Website als Missverständnis erklärt und angeblich entfernt, tatsächlich nur auf eine weniger sichtbare Seite verschoben hatte. Denn so ganz falsch findet Herr Steiner die Hardinsche Idee wohl doch nicht.“

    Da hat der Gute in der Tat noch einen Lernprozess vor sich, denn was Hardin da an „Tragik der Allmende“ vorstellte, ist in Wirklichkeit die Tragik der privateigentümlichen Aneignung gesellschaftlicher Ressourcen..

    Deshalb ginge auch das Aufstellen gesellschaftlicher Konsumziele, wie es für Rio+20 angekndigt ist, in die richtige Richtung einer Entprivatisierung,

  2. „Verhandlungen seien total entkoppelt, während auf dem Peoples Summit diejenigen versammelt sind, die das Verhandlungsergebnis hinterher auszubaden hätten“.

    Gab es denn ernsthafte Bemühungen, sich im Vorfeld in den Rio+20 Prozess dort einzukluinken, die dann vom Rio-Establishment blockiert worden waren? Die von den angeblichen „Völkern“ seit vielen Monaten vorgebrachte Schmähkritik gegen die Rio+20 Veranstaltung machte irgendwie nicht den Eindruck, das das so gewesen sein könnte.

  3. Es wäre an der Zeit, die Fragen der „Bewertung von Natur“ zu entdogmatisieren. Wenn z.B. eine Organisation Geld bekommt, die autorisiert ist, die Interessen indigener Waldnutzer zu vertreten, die ihre Mitwelt seit unzähligen Generationen nachhaltig bewirtschaften, und dieses Geld wird für die Behauptung der indigenen Landrechte eingesetzt, und hilft, das Gebiet vor seiner ökologischen Verwüstung zu bewahren, ist das etwas anderes, als wenn irgendwelche Kapital-Investoren für die Anlage von Eukalyptusplantagen für die papierindusrtie, die daraus Reklame-Postwurfwsendungen macht, Geld bekämen. Und wenn etwa Ökotourismus-Projekte dem Drängen des „braunen“ Kapitals (und dessen Fürsprecher in der Poitik) alternative Einkommensquellen (auch z.B. von Steuern) alternative Geldmachmöglichkeiten entgegensetzen, so wäre erstens die Frage realistischer Alternativen und zweitens die ganze soziale bzw. ökologische Einbettung von – augenblicklich – vordringlichem Interesse und nicht die Frage, ob da Natur zu Ware wird oder nicht. (Was nicht heißt, dass nicht Konzepte der unkommerziellen Waldnutzung entwickelt gehören, und die Frage im Raum gestellt werden sollte, wie es gelingen kann, das menschliche Füreinander auf Basis eines weltgemeinschaftlichen Nachhaltigkeitsmanagements zu stellen).

    Wichtig wäre auch, ökonomische und soziale / ökologische Werte zu untercheiden. Ökonomische Werte sind Tauschwerte auf Basis einer privilegierten Verfügung über in der Gesellschaft begehrte Gebrauchswerte, die auf einem Markt erworben werden können bzw. dies müssen. Die Höhe dieser „Werte“ richtet sich aber eben nicht nach den Gebrauchswerten sondern dem gesellschaftlich notwendigen Reproduktionsaufwand. Mit Wertschätzung haben Warenwerte nicht das Geringste zu schaffen. Die Tragik der kapitalistischen Aneignung bzw. Zweckbestimmung rührt u.a. von einer räumlichen und sozialen Trennung der Aneignung(ssubjekte) von den Reproduktionsbedinungen der begehrten Ressourcen.

    Solange die Globalisierung der Ausbeutung es ermöglicht immer neue Ressourcen zu erschließen, kann der Reproduktionsaufwand gegen Null gedrückt werden. Die kapitalistische Tragik ist also, dass die Entwicklung gesellschaftlicher Bereicherungsmittel zum Mittel der Verelendung werden weil sie einen permanenten Anreiz zur Entwertung von Naturressourcenbewirtschaftung bedingen, d.h. den Aufwand für die Ressourcenreproduktion auf Kosten regionaler Nutzer und kommender Generationen einzusparen. Und dass Extraprofite aus Raubbau nicht nachhaltig sind, weil die Verallgemeinerung des Raubbaus zur ökonomischen Entwertung der gewonnenen Ressource nötigen, (die Möglichkeit zum Extraprofit ist immer nur temporär) was wiederum die Konsumierenden aller Klassen jubilieren lässt ohne dass sie ahnen, dass sie damit ihr eigenes Todesurteil bejubeln bzw. das ihrer Kinder bzw. Kindeskinder.

    Siehe auch http://oekohumanismus.wordpress.com/2008/11/23/sind-wir-des-warensinns/
    und http://oekohumanismus.wordpress.com/okomarx/okologischer-humanismus/

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