Von Silke Helfrich und Jakob Bauer
Wer Commons sagt, muss auf ein „He, was bitte?“ gefasst sein. Hier gibt’s Inspiration für die Antwort.
Der Begriff bezeichnet kein Ding, sondern ein Beziehungssystem zwischen Menschen und Dingen, das auf die gemeinsame Nutzung oder Schaffung von all dem gerichtet, was niemandem allein gehören sollte. Wer Commons sagt, meint im Grunde einen ganz aktiven Prozess, der kommunikationsintensiv ist und die Beziehungen zwischen den Menschen prägt. Damit der Prozess, spielen Prinzipien wie ‚Balance zwischen Geben und Nehmen (indirekte Reziprozität), Freiwilligkeit statt Anordnung und Zwang, Fehlertoleranz, Solidarität, Kooperation und andere eine wichtige Rolle. Die gemeinschaftliche Nutzung oder das gemeinschaftliche Herstellen von Land, Wissen, Bohrmaschinen oder Häusern basiert auf selbstbestimmten Regeln.
Commons bezeichnet also nicht die Ressource selbst, sondern eine bestimmte Art des Umgangs von Menschen miteinander in der gemeinsamen Nutzung dieser Ressourcen und im gemeinschaffen (commoning). Hier geht es um drei große Fs: Fairness, Für(einander)sorge und Freiheit in einem. Das setzt Nachhaltigkeit voraus, als oder Biosphäre nicht mehr zu entnehmen als sie wieder reproduzieren kann, damit wir auch morgen noch gemeinschaffen können.
Man kann beispielsweise den Zugang zu sauberem Trinkwasser als Commons organisieren. In einem solchen Beziehungssystem könnte man sich eine Flasche Wasser kaufen, obwohl frisches Wasser aus dem nächsten Brunnen fließt. Aber man müsste sich keine Flasche Wasser kaufen, nur weil zur Ankurbelung der Flaschenwasser-Ökonomie an jedem Brunnen ein Schild hängt „Kein Trinkwasser“ (obwohl es gewiss Trinkwasser ist). Oder weil es einfach keine Brunnen gibt, sondern nur eine Toilettenanlage für deren Benutzung mensch 1 € bezahlt und wo nur warmes Wasser aus der Leitung kommt, wie am Hauptbahnhof in Köln. So etwas bezeichnet man als Einhegung von Commons oder Enclosure. Kurz: Menschen von dem trennen, was sie zum Leben brauchen. Die Geschichte der Enclosures ist mindestens Tausend Jahre alt. Sie verlief in Schüben, oft gewaltsam und immer öfter mit parlamentarischem Segen. Begründungen für solche Einhegungen waren stehts kapitalmaximierungsorientiert. Heute im Gewand des Wachstums.
Frisches Trinkwasser aus dem Brunnen wäre deswegen aber nicht kostenlos, denn es verursacht Kosten und Anstrengung, Quelle und Brunnen zu pflegen. Und das muss organisiert werden. Der Zugang zum Trinkwasser würde in einem Commons-basierten Verteilungssystem aber nicht von den finanziellen Möglichkeiten des Durstigen abhängen, sondern von dessen Durst. Das ist der entscheidende Punkt. Bedürfnisorientierung! Die Frage, ob der Durstige das Trinkwasser auch in seiner Klospülung und zum Waschen seines Autos nutzen kann, hängt von vielen Faktoren ab und wird durch Regeln bestimmt, die von den Nutzern selbst vereinbart werden.
Im Deutschen wird Commons häufig mit Allmende übersetzt und nimmt Bezug auf die mittelalterliche Allmende. Die starke Assoziation des Begriffs Allmende mit der Vergangenheit sowie mit einer Wiese, auf der glückliche Kühe grasen, wird von manchen als irreführend empfunden. Ist es ja auch. Denn schließlich geht es um nicht weniger als unsere Lebensverhältnisse. Hier, heute und morgen. Deswegen nutzen wir auch im Deutschen lieber den Begriff Commons.
foto: Kein Trinkwasser von mueritz, Lizenz: CC BY SA
Ob es an mir liegt, dass ich das als inhatsleere Gutmenschenphrasen empfinde?
ja. in funktionierenden commons ist das so. je selbstbestimmter desto tragfähiger. niemand sagt, dass die welt so tickt.
Meine Verständnisschwierigkeiten beginnen mit einer unbestimmten Sinnaufladung des Begriffs „selbstbestimmt“, der so in alles überstrahlender Schönheit als Fixstern (= fixe Idee) am Ideenhimmel umher funkelt und das ergriffene (und sich endlich verstanden wähnende) Publikum womöglich heimleuchtet ohne dass es wirklich weiß, wie ihm geschieht.
Das Selbst eines jeden Menschen (und einer jeden Institution) ändert sich ja mit der (Möglichkeit zur) Organisation seines weltgesellschaftlichen Zusammenhangs (mit den anderen Selbsten). Kapitalismus kennt eine Menge Selbstbestimmung, versinnbildlicht in der verallgemeinerten Automobilisierung des Verkehrs.
Meines Erachtens sind Commons bzw. Allmendebereiche Bereiche gemeinsamer Verantwortung. Damit ist das Wesentliche gesagt. Bereiche der gemeinsamen Verantwortung für die Nachhaltigkeit von Entwicklung, (Re-) Produktion, Brauchbarkeit und Umweltauswirkungen der menschlichen Existenz- und Bereicherungsmittel entstehen mit der sozialen Macht und Praxis, MITEINANDER die dafür notwendigen Regeln zu verabreden und durchzusetzen.
Das Zauberwort ist in meinen Augen deshalb weniger „Selbstbestimmung“ als die Fähigkeit, Entwicklung und Einsatz der für.ein sozial bzw. ökologisch vernünftiges Miteinander taugenden Produktionsziele, -mengen, -methoden, umwetauswirkungen usw.SELBST MITBESTIMMEN zu können.
Gruß hh
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