Handle Jetzt. Angewandte Improvisation & Commons

Improvisation by Pulpolux 375959689_271b4f359d_oVorankündigung: Ein Improseminar zu den hier besprochenen Themen gibt es in Linz am Fr, den 12. 7. am Nachmittag.

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Beim „Open Commons Kongress Linz“ im Mai 2013 habe ich Christian F. Freisleben-Teutscher kennengelernt, der gerne und viel mit Ansätzen & Methoden aus der „Angewandten Improvisation“ arbeitet. Ich fand diesen Begriff sofort spannend und habe Christian eingeladen hier dazu zu bloggen. Das wiederum fand er gut. Deswegen gibt es jetzt hier drei Bausteine (und einen Veranstaltungshinweis inklusive):

  • Improvisation von innen
  • improvisierend die Welt verändern – mit Bezug zu den Commons
  • Impro Jetzt!

Und das Ganze klingt am Ende so als gehörte Improvisation zur Kultur des Commoning. Banal? Richtig! Aber auch befreiend.

Von Christian F. Freisleben-Teutscher

Improvisation von innen

Das Wort „improvisieren“ kommt aus dem Italienischen und bedeutet unvorhergesehen und unerwartet. Und das soll angenehm oder gar lustvoll sein? Manchmal, zwischendurch, immer wieder ja und auch mal nein…
Das Leben ist unplanbar. Schon wieder so ein „stacheliger“ Satz. Natürlich planen wir: Was steht nächste Woche „am Programm“? Wie bereite ich mich auf eine Aufgabe vor? Wie wähle ich meinen Weg zu einem Ort, an dem ich noch nie war? Eine beliebig lang fortsetzbare Liste…
Und dann ist doch alles ganz anders als vorhergesehen, erwartet, geplant. Weil ein „Programmpunkt“ für die kommende Woche „plötzlich“ dazukommt. Weil die Aufgabe sich beim Tun als doch „anders“ herausstellt. Weil eine Straße gesperrt ist. Ok, sind wir flexibel, wir können uns umstellen, woanders lang fahren. Und das soll „improvisieren“ sein? Auch!

„Improvisieren“ wird oft als eine Art Notfallprogramm wahrgenommen, als „etwas“, wo notdürftig zusammengeflickt wird, damit es – was auch immer – halt doch geht. Zu dieser Perspektive kann sich die Wahrnehmung gesellen: Wir haben schon viel in unserem Leben gelernt! Wir haben unterschiedlichste Talente – sowie materielle & immaterielle Ressourcen – zur Verfügung! Und wir wissen / können einiges, von dem wir – wenn wir danach gefragt würden – im ersten Moment eher sagen: „Das kann ich doch nicht…“
Das alles und mehr stellt uns Ausgangs- und Verknüpfungspunkte zur Verfügung, die uns dabei unterstützen, mit Unplanbaren umzugehen. Mehr noch: Ein Teil davon zu werden und (wieder mehr) aktive MitgestalterIn! Wir können also mit gaaanz vielen Herausforderungen gut umgehen! Und wir können uns auch darauf vorbereiten.
Also was jetzt?! Improvisieren bedeutet doch irgendwie unvorbereitet, aus dem Bauch, spontan und so was… Ja auch. Und es ist eine Lebenshaltung, eine Art an Dinge heranzugehen. Dazu mehr später.

improvisierend die Welt verändern

Einige Ideen zum dem, was „Improvisation“ ausmacht, haben wir also Revue passieren lassen. Wieso aber „angewandte“ Improvistation? Es gibt eine große Bandbreite an Methoden, die sich unter diesen Titel stellen lassen. Je nach Basis- und Zusatzqualifikation jener, die sie anbieten, kommen sie aus Feldern wie der Unternehmensberatung, dem Improvisationstheater, Psychotherapie, Lebens- und Sozialberatung, Forumtheater, Psychodrama, Playback-Theater, Coaching, Akido usw. Es gibt das weltweite Netzwerk „Applied Improvisation Network“ (AIN), zu dem ich gehöre und das in Berlin vom 2. – 5. Oktober wieder einen europäischen Kongress anbietet (empfehlenswert!)

Also kann es um Fragen gehen wie die Art, wie ein Unternehmen / eine Institution geleitet wird oder wie eine Bildungsveranstaltung geplant & umgesetzt wird. Oder wie Einzelpersonen, Teams oder Unternehmen bei der Lösung von Problemen bzw. beim Finden neuer Ideen unterstützt werden können. Und es geht darum, wie sich die Welt in möglichst vielen Feldern zu einem Ort wandeln kann, die sich stärker um so essentielle Lebenshaltungen wie Kooperation, Nachhaltigkeit oder Veränderung drehen.
Viele Menschen versuchen so wie ich Angewandte Improvisation auch in ihrem „privaten“ Leben umzusetzen. Mit allen Rückschlägen und Erfolgen, die das so mit sich bringt.

Ich nehme viele Bezüge zwischen Angewandter Improvisation und dem „Commons-Thema“ wahr. Vier habe ich hier ausgewählt:

  • Interdependenz, das aufeinander Verwiesen- und Angewiesen-Sein wird in / mit / durch Angewandter Improvisation aktiv wahrgenommen. Ganz wesentliche Bedeutung hat netzwerken, zusammenarbeiten, einander unterstützen, sich für andere einsetzen.
  • Eine wichtige Haltung der Angewandten Improvisation ist „Teilen“: Auch im Sinn von neugierig sein auf den/die Anderen, achtsam & respektvoll miteinander umgehen sowie gemeinsam an Projekten wirken, die vielleicht andere auf den ersten Blick als „unmöglich“ betrachten würden
  • Eine weitere Grundhaltung ist „Ja, genau“ – also Ideen anderer willkommen heißen, darauf aufbauen, gemeinsam ergänzen sowie im Miteinander völlig Neues kreieren
  • Für mich – und wie ich dankbar weiß für viele andere auch – kommt dazu eine Wertschätzung des Lebens, der Natur, der Menschen und ihrer Bedürfnisse sowie Wünsche, wo es dann also ebenso um den Zugang zum Lebensnotwendigen geht, ohne uns gegenseitig oder die Natur rücksichtslos auszubeuten

Was mich zum Titel führt, zum „Handle jetzt!“ – ausgehend von unseren vielfältigen Fähigkeiten Ideen und der Möglichkeit Neues miteinander zu erschaffen. Nicht nur warten. Mutig handeln im hier und jetzt. Also …

Impro? Jetzt!

Mit Improvisation können wir also neue Zugänge finden. In jedem Augenblick. Klingt ungewohnt? Verständlich, denn wie oft meinen wir vor verschlossenen Türen zu stehen, finden uns in Sackgassen wieder, bekommen von anderen gesagt, was wir zu tun oder zu lassen haben? Improvisation lässt uns aber neue Perspektiven entdecken oder gestalten. Selbstbewusst wird es möglich, ungewohnte Richtungen wahrzunehmen und einzuschlagen.

Gemeinsam können wir Methoden aus der Angewandten Improvisation austesten und so Möglichkeiten finden, sie auch in unserem beruflichen und privaten Alltag umzusetzen. Als Entlastung und Ermutigung. Als Quelle der Inspiration sowie Zugang zu lösungsorientiertem Denken und Handeln. Als Werkzeug für eine wertschätzende Gestaltung von Beziehungen.

Improvisation ist gleichzeitig ein Wegbereiter für gemeinschaftliches Denken und Handeln sowie für das Finden und Umsetzen von Ideen in Commons-Projekten.

Foto: CC by NC

13 Gedanken zu „Handle Jetzt. Angewandte Improvisation & Commons

  1. projekte in linz COSE COSI läd jeweils 12 obdachlose einmal im monat zu einem mittagessen ein. immer mehr auch einzelpersonen beteiligen sich daran, sie finanzieren dem mutigen wirt 12 euro pro essen, damit er das projekt verstärken kann. aus der eigenen fülle fülle schaffen. es schafft augenhöhe. eine gewerkschaftsschule bringt zum kulturpass den sportpass heraus, damit menschen mit geringem einkommen leichter an sport und sportveranstaltungen teilnehmen können, aktiv und passiv. und doch ist die dabei freigesetzte begeisterung wichtig.

  2. was mir gefällt ist die angewandte Improvisation von Christian F. Freisleben-Teutscher für mich sind das PARADOXE LÖSUNGSANSÄTZE, die sich aus dem spiel entwickeln und überraschen, ein flashmob gehört dazu er berührt in kurzer zeit viele, doch paradox ist auch das leid was zur zeit passiert, es erinnert uns wie hohl matrieller besitz ist, gestern noch da, morgen auf der müllhalde,hier kann auch commons entstehen, weil gespräche in der betroffenheit offener werden.so wie wir das in den sozialeinrichtungen erleben. –

  3. wunderbar gerade grüße aus der landesbibliothek in linz telefon 0043 650 80 800 95 herzlich axel tigges

  4. Pingback: Handle Jetzt. Angewandte Improvisation & Co...

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