Die öffentlichen Verkehrsmittel erinnern mich immer mehr an Dagobert Duck. Wenn der einen Mitmenschen ansieht, dann leuchten Dollarzeichen in seinen Augen und in seinen Ohren klimpert Gold. Oder ist es nur die Uhrzeit? Um 4 Uhr 50 morgens habe ich auf dem Flughafen Frédéric Chopin in Warschau impulsgesteuert einen Kaffee und ein Sandwich konsumiert, die zusammen mehr doppelt so teuer waren wie eine Tageskarte für die Metros, Busse und Bahnen in der gesamten Stadt. Was soll ich auch sonst machen, ich habe ja schon seit Jahren in jedem Duty Free Shop an jedem Parfum der Welt gerochen (es sind überall die gleichen und sie sind auch teurer als in der Stadt, nur bezahlt der Laden hier keine Steuern. Warum man damit Kunden anlocken kann, bleibt mir schleierhaft). Kostenlose Getränke und ein leckeres Frühstück gibt es nur für Clubgäste in der Lounge, die allerdings um diese Zeit noch geschlossen hat. Chopin wird hier übrigens nicht gespielt. Warum eigentlich nicht?
Schließlich lande ich dann in Frankfurt, wo die Bahn mich warten lässt. Unwetter seien der Grund, heißt es. Dabei machte die Bahn doch früher Werbung damit, dass sie bei jedem Wetter pünktlich kommt. Ich versuche mich also zu setzen, denn ich bin müde und will nichts mehr konsumieren. Das geht aber nicht, denn alle Sitzplätze sind besetzt. Ein schönes Bild, wie ich finde. Jeder schaut vor sich hin, in seine Zeitung oder sein Smartphone und niemand redet ein Wort. Was soll man auch reden um diese Zeit. Hinlegen kann man sich auch nicht. Selbst wenn die Plätze nicht besetzt wären, so sind ja die Armlehnen so montiert, dass sie einen am Liegen hindern. Und die Szenerie ist so langweilig, dass man notgedrungen für 4,99 ein Stündchen am Online-Hotspot erwirbt und so irgendwie scheinbar sinnvoll die Zeit totschägt. Herumlungern ohne zu konsumieren, das ist nicht.
Was ich schließlich zwei Stunden später am traurig berühmten Stuttgarter Hauptbahnhof sehe (der hat ja nun Leichen in Kellern und Koffern genug), das begeistert mich richtig. Hier wird jetzt jedes einzelne Bahngleis mit einem Kaufladen ausgestattet. Man kann die Bahn gar nicht mehr betreten, ohne impulsgesteuert wie ich bin ein Leberkäsbrötchen zu verzehren oder eine Currywurst. Dabei fühle ich mich jetzt schon viel zu dick. Die Marktwirtschaft befriedigt meine Bedürfnisse, heißt es doch immer. Aber ich habe nur ein Bedürfnis. Ich möchte mir gerne die Finger waschen und mich irgendwo hinsetzen. Wasser gibt es merkwürdigerweise nirgends, obwohl das ganze Mineralwasser ja vom Wassermanagement aus den Bohrtunneln gepumpt werden muss. Wo pumpen die das eigentlich hin?
Bleibt nur die Frage, wie der Umsatz der Fahrgastvampire weiter wachsen soll. Ich hätte da vielleicht eine Idee: Man könnte doch statt der Flug- und Fahrgäste die ganzen Läden und Parfümflaschen, die Currywurstbuden und Schokoladentafel, die Teddybären und die Bierkrüge mit Zinndeckel in einen riesigen Zug verladen, der jahrein jahraus immer im Kreis durch ganz Europa fährt. Man könnte dann ununterbrochen einkaufen und müsste nicht dauernd auf die Bahn warten. Das wäre doch was …