Teil IV:
Commoning Statehood?
Das Konzept der Polyzentralität im Gegensatz zur Monozentralität illustriert beispielhaft, warum einer „Commonifizierung“ von Staat/-lichkeit andere Kategorien zu Grunde gelegt werden müssen. So sind die strukturellen Ähnlichkeiten zwischen vermeintlich fundamental verschiedenen ökonomischen und politischen Systemen verblüffend, was nur auf Grundlage anderer oder neuer Konzepte sichtbar gemacht werden kann. Die folgende Tabelle verdeutlicht das. Darin sind Gemeinsamkeiten zwischen weithin als Gegenpol beschriebenen Systemen herausgearbeitet.
Wir werden also nicht nur analytisch scharf, sondern auch konzeptionell und begrifflich innovativ sein müssen, um das Thema zu fassen. Nicht ‚zentral‘ vs. ‚dezentral‘ ist die Debatte, sondern ‚zentral/dezentral‘ vs. ‚verteilt/vernetzt‘. Nicht ob „der Markt“ oder „der Staat“ die Produktion bestimmt ist entscheidend, sondern ob Waren oder Commons produziert werden. Nicht ob eine oder mehrere Parteien die politischen Geschicke lenken macht den wesentlichen Unterschied, sondern die Frage danach, wie die mit Parteistrukturen verbundenen Repräsentationen und -zwänge überwunden werden können, weil sie systematisch ausschließend sind (so wie nach dem Mehrheitsprinzip in der Entscheidungsfindung die 50,1 Prozent systematisch die 49,9 Prozent ausstechen). Die Frage ist zudem, ob unter den gegebenen kommunikationstechnologischen Bedingungen Selbstorganisation zu einem Zentralbegriff und – vorgehen in Wirtschaft und Politik werden kann1.
Meine These ist nun, dass dies nicht nur notwendig, sondern tatsächlich möglich ist. Einige Argumente dafür möchte ich im Folgenden skizzierien:
- so kann die aktuelle Wirklichkeit von Staaten wie Israel (Kibbuzim) oder der Schweiz (kantonale Struktur/ Allmendewirtschaft) kaum verstanden werden ohne sie auf Commons zu beziehen; so wenig wie die fehlende staatliche Kontrolle über weite Teile des Staatsterritoriums etwa in Mexiko (Stichwort: Zapatistas) oder Burma nicht verstanden werden kann
- die (zunächst gedankliche) Loslösung von der Idee des Nationalstaates wird ohne die Reflexion der Erfahrungen von Nicht-Staatlichkeit2, rätedemokratischer Verfasstheit in Verbindung mit relationalen Ökonomieverständnissen nicht gelingen
- die Nachhaltigkeitsforschung zeigt, dass Commons-basierte Governance-Systeme in ökologischer Hinsicht mindestens so leistungsfähig sind wie staatliche oder marktbasierte und zudem essentiellen sozio-kulturellen Kitt liefern. Sie zu ignorieren statt systematisch auch auf die überregionale und ggf. globale Ebene zu übertragen, wäre fahrlässig.
- die Idee, ein Verhandlungstisch zwischen Nationalstaaten führe in effizienter Weise zu Ergebnissen, die sowohl globale Gemeingüter (z.B. das Klima) als auch den sozialen Zusammenhalt schützten, erwies sich in den letzten Jahrzehnten vielfach als Illusion.3 Egal ob es sich um einen kapitalistischen oder sozialistischen Staat handelt, verhandelt wird auf der legitimatorischen Basis „nationaler Souveränität“ (unabhängig davon wie hoch die Zustimmung im Innern zu den konkreten Verhandlungspositionen ist) und verhandelt wird häufig mit Rücksicht auf „die Interessen der Wirtschaft“, die auch deswegen als nationalstaatliche interpretiert werden, weil wie beschrieben eine strukturelle Abhängigkeit von Staat und Wirtschafts (-system) besteht.
- die Entwicklung „digitaler Commons“ fordert derzeit in rasanter Geschwindigkeit das herkömmliche Rechtsverständnis heraus (Vertrags- und Eigentumsrecht genauso wie die Frage nach Verantwortung und Rechenschaft – auch das ein Klassiker des Spannungsverhältnisses zwischen Commons und Staat)4
- Die Revolution in den Informations- und Kommunikationstechnologien und der auf neuen ICT basierenden Infrastrukturen, hat zur Veränderung der Bedingungen gesellschaftlicher Koordination geführt; was Konzepte wie „liquid democracy“, „smart property“, Blockchain basierte „crypto governance“, die von staatlichen Autoritäten unabhängig sind, überhaupt erst möglich machte. All dies zwingt geradezu, Demokratie neu zu denken
- freiwilligem, zivilgesellschaftlichem Engagement gelingt es nachweislich (und nicht nur in der überschaubaren Dorfgemeinschaft), selbstbestimmt und regelbasiert, als „gemeinsam“ verstandene Ressourcen zu verwalten und weiterzuentwickeln und dabei komplexe, plattformbasierte und grenzüberschreitende Governance-Formen zu generieren (das gilt für die Governance von Wissen – vgl. Wikipedia – genauso wie für jene von Wiesen – vgl. „King of the Meadows“). Dass dies „jenseits des Staates“, im Sinne der strukturellen Unabhängigkeit von staatlicher Handlungskapazität geschieht, ist selbstredend keine Neuheit in den Commons.
- etc
Vielfalt commonistischer Zugänge zur Staatsdebatte
Zu guter Letzt, möchte ich mit der Vielfalt der sich als selbst als Commons-oder P2P Diskurs identifizierenden Zugänge zur Frage von Staat und Staatlichkeit vertraut machen. Derzeit prägen mindestens vier Tendenzen die Zugänge zum Thema. Es besteht in der Nennung kein Anspruch auf Vollständigkeit und auch auf eine Einordnung von Autor_innen wird an dieser Stelle verzichtet:
- die Idee, Staat, Markt und Commons parallel zu denken (die auf einem veralteten Raumkonzept beruht, welches Staat, Markt und Commons in getrennten Sphären denkt)
- die – dem Marxismus verbundene – Idee, den Staat abzuschaffen, bzw. sein Absterben zu prognostizieren
- die Idee, den Staat wie wir ihn kennen (i.d.R. gedacht als Nationalstaat) zumindest punktuell zu refunktionalisieren (etwa als Finanzierer von Commons-Projekten oder als Treuhänder für den Schutz globaler Gemeingüter, was zwischenstaatliche Koordination voraussetzt, die sich vom Durchgriff ökonomischer Interessen freimachen kann)
- die Idee, den Staat in seiner Rolle und Erscheinungsform zu transformieren (vgl. das Konzept des Partnerstaats in der der Staat als Ermöglicher und Schützer von Commons wobei die Grenzen zur Debatte um die Refunktionalisierung fließend sind.)
- Habe ich etwas übersehen?
Anmerkungen:
1 Schon jetzt können dank nutzer_innenfreundlicher Werkzeuge im Netz auch mit sehr großen und räumlich voneinander getrennten Gruppen Entscheidungen getroffen werden, die auf dem Prinzip des „systemischen Konsensierens“ beruhen.
2 Vgl. dazu die Arbeiten von James Scott.
3 Ausnahme: das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zum Abbau des Ozonlochs führen, https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19870179/201203010000/0.814.021.pdf sowie der International Treaty on Plant Genetic Resources for Food and Agriculture, ITPGRFA http://www.planttreaty.org/category/keywords/itpgrfa
4 Wenn Code = Law ist, also der Algorithmus regiert, wie Lawrence Lessig bereits vor über einem Jahrzehnt konstatierte, wie soll dann das Gesetz den Code regulieren? (vgl. De Filippi 2015)
hallo und danke für diesen anregenden Beitrag 🙂
Gibt es auch ein literaturverzeichnis? Oder habe ich was übersehen?
und noch ne Frage: oben gibt es einen strukturellen Vergleich zwischen markt- und planwirtschaftlicher Warenproduktion.
Der Aspekt „Vermittlung“ ist bei beiden mit „vor der produktion“ gefüllt. Wie ist das gemeint?
Im Kapitalismus sehe ich doch erst hinterher, ob ich meine Bedürfnisse mit meiner Kaufkraft abdecken kann bzw. andererseits ob ich meine Waren loswerde.
Lieber Thorben, ja, das gibt es, aber es ist noch nicht „aussortiert“ (stammt aus einer umfassenderen Arbeit). Ich veröffentliche in Kürze eine englische Fassung dieses (korrigierten) Beitrags als pdf. Darin ist es dann inkludiert.
Ansonsten habe ich hier Literatur gesammelt, für ein Event, das wir zu dem Thema veranstalten, allerdings alles auf Englisch.
https://commonsblog.wordpress.com/literatur/
Zur „Vermittlungsfrage“: das ist produzentenseitig gemeint (da muss ich wohl das Wort „Bedürfnis“ korrigieren! Danke!) dh. man macht eine „Marktanalyse“ und produziert dann drauf los und dann wird verkauft bzw. muss verkauft werden. Erst produzieren, dann verkaufen und dann stellt man fest. ob man’s überhaupt los wird (streng genommen hat das mit Bedürfnissen (im Sinne von needs) oft gar nichts zu tun, sondern mit Bedarfen, die oft künstlich erzeugt wurden.) Aber wie gesagt, das ist missverständlich und gehört korrigiert. Danke!
Gruß
Silke
Hello.
1. In Russia, there is no strong left opposition. Party Zyuganov – racist.
Why?
Answer.
a. Dial google site for Russian “Sochi Dargins” will come out on the site of the St. Petersburg branch of the party Zyuganov racist slander article annoying ethnic Dargin titled “How a Russian Caucasus”
Attend to that in the Nogai steppe (where are Neftekumsk and South Sukhokumsk) descendants of Russian colonialists (who Bole than indigenous Nogai) becomes smaller than Dargins
b. dial the search site Yandex “Magomedov tram” will come out on the Russian slanderous Caucasophobia
at. in close to Zyuganov’s party newspaper “Soviet Russia”, “kavkazofobskaya article Caucasian ridge problems”
2. In the Russian fascists in power – Zhirinovsky, Minister of Tkachev as an example
Fascists from Russia sometimes like evrosoyusche power in the United States, a fascist Alexei Navalny in 2008 proposed to close the Chechens and Ingush in the ghetto
3. Let us promote the idea. Seychs almost everywhere in the world the state gives a person 100% set of civil rights upon reaching a certain age. It is necessary to demolish the medieval anachronism. The rights should be tied to the level of development and scholarship
4. According to information available on the territory of St. Petersburg, Bryansk region passed an unconstitutional ordinance (the AKP), according to which at night are prohibited from being on the street by people under 18 (!) Years. This contradicts the basic law of Russia – the Constitution, Article 27 on freedom of movement. In addition: 1. Under current law people have the right to start work at the age of 14, to have sex with 16 years, to use public transport to 7 years. A closer look we see that: – The law does not prohibit part time in private, such as for example, help in plumbing work or setting up computer equipment. ACP prevents the implementation of a permanent employment or part-time because it is possible to return to the place of residence to part-time work at any time of the day – the AKP prevent sexual and personal life of the citizens, since the law is not regulated, what time should commit acts of intimacy, acts of intimacy is allowed to do at any time, in any dwelling, respectively, can not be regulated by the return from the meeting – Citizens have the right to use public transport, long before 18 years of age, respectively, prevents the return of the AKP in the residence with good transport links. And if long-distance trains arriving in the city of residence of a citizen in the night? 2. Many citizens are forced to help elderly relatives, which are moved through the city 3. Nonresident citizens often come back at night in a hostel in the city study of native settlements 4. The citizens formed a negative image of the police and the state as a whole (the risk that young people protest can go to the extremist community) 5. Discrimination contributes to mental illness, aggravates social problems may be a factor of depression and suicide crimes 6. The citizen is not obliged to carry a watch, have hours and hours to be able to use. So this is a gross violation of national and international. 7. Moreover, it is a violation of the Russian Federation adopted the International Covenant on Civil and Political Rights – Articles 2,7,9,10,12,17 pact (since 16 years, people have the right to privacy), 18,21,22, 26 Please distribute, write to the United Nations in the Court of Human Rights, the President of Russia, the Russian prosecutor’s office, the investigative committee of Russia