Forschen kann commonistisch sein

Oeffentliche Soziologie„Vom MIT und FÜR zum DURCH.“ Das ist der Titel. Der etwas sperrige Untertitel lautet: „Zum Verhältnis vom Forschen und Beforschtwerden sowie zur Erforschung von Commons“

Darüber habe ich mit Johannes Euler (beide Commons Institut) nachgedacht und einen Beitrag zum jüngst erschienen Band „Öffentliche Soziologie“ beigesteuert, der in den „Anwendungsfeldern öffentlicher Soziologie“ abgedruckt ist.

Wir entwickeln darin den Gedanken der „doppelten Forschungssouveränität“ und überlegen, was es eigentlich bedeuten würde, wenn man den Forschungsprozess selbst als commoning anlegt. Jenseits von Partizipation.

„Die Grenzen zwischen Partizipation und Commoning sind fließend, zentral ist jedoch die Frage der Entscheidungsmacht: Wer entscheidet was und wie geforscht wird? Ein Forschungsprozess kann dann Commoning werden, wenn 1. die Forschenden bestimmen können, was und wie sie forschen und zugleich 2. die Praxisakteure über die gleiche Souveränität verfügen. Dieses Paar wollen wir als doppelte Forschungssouveränität fassen. Ein solches Forschungsverständnis wendet sich ab vom Bild des Forschens als distanziertes Beobachten. Es eröffnet nicht nur den Praxisakteuren, sondern auch den Forschenden einen Zugang zu den untersuchten Bereichen, weil sie mit den entsprechenden Lebensprozessen auch im Forschungsprozess verbunden bleiben können. Es bekennt sich zur Generierung von Wissen aus dem jeweiligen Kontext heraus. […] Voraussetzung dafür scheinen uns einerseits die hier skizzierten methodologischen Grundpositionen zu sein und andererseits geeignete Forschungsmethoden, zugängliche Konzepte und offene Verfahren. Konventionelle Standards der Wissenschaftlichkeit müssen dabei keineswegs aufgegeben, wohl aber einer systematischen Kritik unterzogen werden und sich unter anderem an der Frage der Gegenstandsadäquatheit, also der Angemessenheit der theoretischen und methodischen Zugänge zum Gegenstand, bewähren.

Forschung als commoning heißt, dass alle Beteiligten ihre spezifischen Kompetenzen mit einbringen. […] Wissenschaft würde hier nicht im Elfenbeinturm praktiziert, auch könnten Praxisakteure nicht nur beitragen oder gar partizipieren, sondern auf souveräne Art co-kreieren – ebenbürtig miteinander Begründungssysteme und damit Wirklichkeiten schaffen. Sie wären Peers im gemeinsamen Forschungsprozess. Ein solches Forschungsverständnis beruht auf dem Grundgedanken, dass Forschung zur Vertiefung von Lebendigkeit beiträgt, wenn Menschen aus ihrer Wirklichkeit heraus selbst Wissen generieren, das sich an ihren eigenen Bedürfnissen orientiert, um diese Wirklichkeit bewusst gemeinsam zu gestalten. Diese Art zu forschen bleibt immer kontextbezogen, das heißt auch gesellschaftsbezogen.“ (ebd:161)

Selbstredend überlegen wir in diesem Beitrag auch, ob es dafür geeignete Methoden gibt. Dabei klettern wir zunächst die „Leiter der Partizipation“ (Brinkmann u.a. 2015) empor, reflektieren Menschenbilder, Rationalitätskonzepte und Methodologien und landen – für Leser_innen dieses Blogs nicht verwunderlich – bei der Mustertheorie und der Entwicklung von Mustersprachen nach Christopher Alexander. Schlicht weil sie exzellent geeignet sind um Forschen als commoning zu denken und zu tun.

Viel Spaß beim Lesen. (Achtung: es kann im verlinkten pdf kleinere Abweichungen von der Druckfassung geben.)

Mehr zum Thema Öffentliche Soziologie hier im Deutschlandfunk.

Mehr zum Buch: Brigitte Aulenbacher (Hg.), Michael Burawoy (Hg.), Klaus Dörre (Hg.), Johanna Sittel (Hg.): Öffentliche Soziologie, Wissenschaft im Dialog mit der Gesellschaft, Campus Verlag, 2017, kartoniert, 378 Seiten, EAN 9783593506357

Und hier die Version kurz vor der Drucklegung auf der Seite des Commons-Instituts.

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