Es gibt Leute die sagen, wenn wir drei Dinge – Arbeit, Boden und Wissen – nicht mehr als Ware behandeln, sondern als Commons, dann ändert sich alles.
Arbeit ist dann nicht mehr getrennt vom richtigen Leben. Arbeiten, Leben, Sorgetragen, Beziehungen vertiefen kommen wieder zusammen.
Boden ist dann nicht mehr getrennt von der realen Nutzung, wohl aber von Spekulation und der Konzentrationstendenz des Marktes.
Und Wissen kommt dann nicht mehr ins Gefängnis, als Patent, Betriebsgeheimnis oder proprietäre Technologie, sondern kann von allen genutzt und weiterentwickelt werden.

Um nun Arbeit, Boden und Wissen dem Markt zu entziehen bedarf es vieler kleiner Schritte, die die Welt bedeuten. Dies hier ist einer dieser Schritte. Gut und wichtig!. Deswegen unterzeichne ich die Schwerter Erklärung, weil ich dort formulierten Forderungen zukunftsweisend finde:
– Boden dem Markt entziehen
– mehr Boden für Projekte der Zivilgesellschaft
– aktive kommunale Liegenschaftspolitik
– Nutzung vor Rendite
– Stärkung gemeinwohlorientierer Bodenfonds
Vor allem aber: Schonmal anfangen! Tatsächlich haben die Erstunterzeichner gemeinsam…
eine Fläche von 10 Mio.m²* – das entspricht 1.400 Fußballfeldern – der Spekulation entzogen, die nun von gemeinwohlorientierten Initiativen langfristig mit sozialer, kultureller und ökologischer Zielsetzung eigenverantwortlich bewirtschaftet werden“
Konkret sind das folgende Organisationen: Mietshäusersyndikat 50 ha, Montag Stiftung Urbane Räume 1,3 ha, Stiftung trias 42 ha, Stiftung Edith Maryon 800 ha, Kulturland eG 90 ha und Stiftung Habitat 5 ha.
Was sie noch vorhaben:
– einen Werkzeugkoffer für gute kommunale Vergabepraxis entwickeln
– Instrumente kurzfristiger Bodensicherung prüfen (vielleicht kann man das auch denken als Commons-Public-Partnership)
– die Aufstellung von „Bodenvergabebeiräten“ unterstützen und
– Voraussetzungen für weitere Bodenfondsmodelle schaffen.
Eine kritische Anmerkung muss jedoch auch noch sein. In der Erklärung heißt es:
„Bodenbesitz ist die zentrale Eigentumsfrage und muss heute wieder stärker mit Blick auf das Wohl der Allgemeinheit und als ein den Eigentümer aktiv verpflichtendes Natur- und Sozialgut bemessenwerden.“
Aus meiner Sicht ist diese Formulierung irreführend, denn Besitz ist etwas anderes als Eigentum. Besitz ist eine Tatsache, ein „innehaben“ und kein unbeschränktes Verfügungsrecht über eine Sache. Ich bin nicht sicher, ob die in Commons-Diskussionen übliche Formel „Besitz statt Eigentum“ schon ausreicht. Vermutlich nicht, denn es geht ja auch bzw. vor allem um kleine Flächen in dicht bebauten Städten. Gentrifizierung heißt ja nicht, dass die Leute, die dann Wohnungseigentümer*innen werden, nicht auch Besitzer*innen dieser Wohnung sind. Interessant scheinen mir daher Lösungen, in denen das Eigentum von dem was auf dem Land steht (‚Land‘ ist m.E. treffender als ‚Boden‘) vom Eigentum an Boden/Land selbst getrennt werden. De facto heißt das: Eigentümer*in eines Hauses zu sein heißt nicht, auch Eigentümer*in des Landes zu sein, auf dem das Haus steht.
Das Gute ist das Gleitmittel des Bösen. Sie haben keine Ahnung wovon Sie schreiben, weder praktisch rechtlich, noch theoretisch – aber gut, es ist ja nur ein Blog…
So, so, wie kommen Sie denn auf diese Schlußfolgerung? Und was hat das mit „Gut“ und „Böse“ zu tun?
Ich finde den Gedanken, dass die Erde, d.h. Grund und Boden und die Bodenschätze wie auch Luft und Wasser uns gemeinsam gehören, als den eigentlichen grundlegenden Leitgedanken. Eigentumsrechtlich würde man von gemeinschaftlichem Eigentum sprechen, wofür es eine legitimierte Verwaltung geben muss. Hier könnte die Fiktion helfen, dass die Kommunen Grund und Boden treuhänderisch im Interesse des Gemeinwohls, letztlich der Menschheit zu verwalten und zu verantworten haben. Sie vergeben einzelne Parzellen – wie bei der Erbpacht – an Privatpersonen (Unternehmen), die dort unter Beachtung aller sozialen und ökologischen Standards bauen, wohnen und arbeiten können. Zum Verkauf stünde dann nicht mehr Grund und Boden sondern nur noch die Gebäude, der Betrieb, d.h. all das, was die Menschen auf dem Grundstück gebaut und geschaffen haben. Grundstücksspekulationen würden der Vergangenheit angehören. Die sozialverträgliche und ökologische Nutzung und die soziale Kontrolle des Besitzübergangs wären gewährleistet.
Das GG Art. 14 und 15 in Verbindung mit dem BGB als Bibel des Zivilrechts gehen allerdings von einer privatdominierten Eigentumsordnung auch von Grund und Boden aus, so dass nur die Enteignungsmöglichkeit mit Entschädigungspflicht besteht. Hier wäre eine klarstellende Änderung schon des GG, die das private Grundeigentum ausschließt, wünschenswert und konsequent. Diese Änderung sollte auch möglich sein, denn sie ist die angemessene und faire Lösung im nachhaltigen Interesse der Mehrheit, die bekanntlich in der Demokratie bestimmend sein sollte.
Was hindert uns, den Gesellschaftsvertag in diesem wahrhaft grundlegenden Punkt im Interesse der Mehrheit zu ändern?
@karlwaldecker „Zum Verkauf stünde dann nicht mehr Grund und Boden sondern nur doch die Gebäude…“ -> Ihr Grundgedanke findet sich in meinen letzten Zeilen.
Allerdings würde ich durchaus GG Art.14 und 15 in Anschlag bringen, um diesen Gedanken zu stärken. Warum sollten wir das Grundgesetz an das BGB koppeln? Das ist jetzt so. Dem muss man aber nicht folgen. Oder gibt es dafür einen zwingenden Grund? Davon abgesehen: Enteignung gegen Entschädigungspflicht wäre ja sogar akzeptabel, wenn dafür nicht nur Autobahnen und Infrastrukturprojekte entstünden, die am Ende wieder auf andere Weise das Gemeinsame kaputt machen.
Wie dem auch sei: in Sachen ‚Ankerpunkt Grundgesetz‘ sind wir uns einig. Dort sind die Grundideen fixiert und tatsächlich geht es beim gesellschaftlichen Wandel auch und vielleicht vor allem um einen „Kampf der Ideen“.
(Vor allem) bei einer Debatte um Boden sollten wir uns in Errinnerung rufen, dass wir uns als Menschen, wahrscheinlich für immer, eine Sache teilen (müssen). Und das ist dieser Planet, unser aller zu Hause.
Diesen Lebensraum aufgrund abstrakter Rechtsnormen aufzuteilen erscheint mir absurd. Statt dem oft genutzen „Besitz statt Eigentum“ gefällt mir besser „Benutzen statt besitzen“ was für mich schon eine Loslösung vom Eigentumsgedanken impliziert. Und eine Debatte über die Verteilung von Ressourcen nach Bedürfnissen ermöglicht.
Was in der Bodendiskussion auch unbedingt berücksichtigt werden sollte, ist, dass die Privatisierung von Boden immer auch mit einer Privatisierung anderer Ressourcen einhergeht, die sich auf diesem Boden befinden wie Wasser, Rohstoffe, Lebensmittel…
Dem würden Lösungsideen, die eine Trennung von Eigentum am Land und nicht-transportablen Ressourcen, die sich darauf befinden entgegenwirken. Ganz zu Ende gedacht scheint mir das ganze aber trotzdem noch nicht. Unabhängig davon ob z.B. das auf dem Boden stehende Haus genutzt wird oder nicht, bleibt der Zugang zu diesem und zu dem Boden, auf dem es steht verwehrt.
Da hier nicht in erster Linie eine komplette Loslösung des EIgentums angestrebt wird, verstehe ich auch noch nicht ganz den Zusammenhang zur Gentrifizierungsdebatte.