Ich bin der Heinrich Böll Stiftung (hbs) biographisch verbunden. Daher fällt es mir schwer, relevante Aktivitäten aus dem Stiftungsraum zu ignorieren; inbesondere wenn sie dem entgegen stehen, wofür die hbs ihrer Satzung und meinem Wissem nach steht. Es ist als würde dann ein Stück meines eigenen Tuns, vor allem aber die Energie und Expertise vieler engagierter Kolleg*innen und Partnerorganisationen zerschlagen wie Porzellan bei einem Polterabend.
Pünktlich zur Amtseinführung Joe Bidens warb eine Vorstandsfrau der Stiftung gemeinsam mit Konservativen, denen außenpolitische Expertise zugeschrieben wird, für eine „neue transatlantische Übereinkunft„. Der Zeitpunkt war strategisch gewählt. Das Echo reichte wie gewünscht bis nach Washington.
Das Problem ist nur: dieses Papier atmet einen altbekannten Geist: den des „Wir“ gegen „die Anderen“ … je nach Politikfeld die Russen oder die Chinesen. Zudem werden zahlreiche fragwürdige Konzepte unkritisch repetiert – egal wie viel Ungerechtigkeit sie in der Welt zementieren; der Freihandel zum Beispiel, der erwiesenermaßen den Stärkeren und „Effizienteren“ nützt. Oder die Idee der „nuklearen Teilhabe“. Für Letzteres gab es in der Öffentlichkeit bereits vielfach Kritik, auch von Partnern der Stiftung. Gemeinsam mit Burkhardt Kolbmüller, habe ich mich heute diesen kritischen Stimmen angeschlossen und an Ellen Ueberschär einen Offenen Brief versendet. Unsere Hoffnung ist, dass diese Wortmeldung zur stiftungsinternen Debatte beiträgt und zu korrigierenden Äußerungen in der Öffentlichkeit führt.
Am Ende des Schreibens heißt es:
Falls das Engagement in dieser Sache aber eine Art Versuchsballon für zukünftige Stiftungsprioritäten und/oder für eine
schwarz-‐grüne Bundesregierung gewesen sein sollte, sagen wir klar und deutlich: Das ist einer Heinrich-‐Böll-‐Stiftung
unwürdig!
Was mir schon vor Lesen des gesamten Papiers auffällt ist der Satz am Schluss: “ Alle Autoren geben hier allein ihre persönliche Ansicht wieder. Sie sprechen ausdrücklich nicht für die Institutionen, mit denen sie assoziiert sind.“
Komisch! Wenn alle hier nur als Privatpersonen laut denken – warum unterschreibt dann jeder mit seiner assoziierten Institution???
Oder wurde dieser Satz nachträglich eingefügt? Was soll das überhaupt? Unverbindliche Beeindruckung, möglichst ohne politische Konsequenz? Ich bin von der Polizei und durchsuche Ihre Wohnung ohne richterliche Anordnung als Privatperson? Ich bin nicht sicher, ob das funktionieren kann.
„Wenn alle hier nur als Privatpersonen laut denken – warum unterschreibt dann jeder mit seiner assoziierten Institution???“
Gute Frage! Die Antwort liegt auf der Hand. Die Formulierung ist ein Feigenblatt. Die Öffentlichkeit SOLLTE sehen, welche Institutionen hier gemeinsam Stellung beziehen.
Hallo,
ich denke, dass das kein „Ausrutscher“ einer Vorständin gewesen ist. Ich beobachte die Abkehr von friedenspolitischen Grundsätzen in der HBS bis 2005 von innen, dann von außen. Mehr dazu auf meiner webseite: https://politische-radreisen.de/aktuelles-und-vermischtes/. Gruß Thomas